Auch in Belgien stießen die „Referenden“ sowohl auf der Krim als auch im Donbas auf Interesse, da sich bei beiden Events auch Mitglieder des rechtsextremen Vlaams Belang unter den Beobachtern befanden. So „beobachtete“ das Vlaams-Belang-Mitglied Frank Creyelman – mehr oder weniger – sowohl das illegale Referendum auf der Krim als auch das illegale Referendum in Donezk und nahm Ende August an einer „Novorossija“-Konferenz in Jalta teil. Wir dürfen feststellen, dass es einem solch engen Freund Russlands an nichts fehlt, und denken, dass die übrigen Konferenzteilnehmer und Beobachter ebenso verwöhnt werden.
Aber der Reihe nach:
Betrunken auf der Krim
Das Referendum auf der Krim muss wirklich lustig gewesen sein. Die renommierte britische Journalistin Lindsey Hilsum, machte zu Zeiten des Referendums auf der Krim, nun ja, folgende Beobachtungen:
Just bumped into Flemish separatist referendum observers. ‘U ok?’ I asked. ‘No.’ ‘What’s wrong?’ ‘Drunk,’ he replied, swaying. #crimea
— Lindsey Hilsum (@lindseyhilsum) 15. März 2014
„Platzte soeben in die flämischen Beobachter des separatistischen Referendums: ‚Sind Sie oK?‘ fragte ich. ‚Nein.‘ ‚Was ist los?‘ Er schwankte und antwortete: ‚Besoffen‘“.
Am 16. März um 6:49, eine Viertelstunde vor Öffnung der Wahllokale saß Creyelman immer noch im Hotel und tat kund, die Abstimmung im zwei Stunden entfernten Sewastopol beobachten zu wollen. Um 8:18 saß er, so Lindsey Hilsum immer noch im Hotel und wartete auf Anweisungen. „Möglicherweise verkatert.“
Flemish #Crimeareferendum observer Frank Creyelman still in hotel… Waiting for instructions where to go. #possiblyhungover
— Lindsey Hilsum (@lindseyhilsum) 16. März 2014
Und um viertel vor Zehn saß er, so der niederländische Journalist, Moskau-Korrespondent für die Volkskrant und RTL, Olaf Koens, vor einem Bier und wusste immer noch nicht, was er zu tun hatte:
En voor mijn Vlaamse vrienden, ‘waarnemer’ Frank Creyelman zat om kwart voor tien al met een pintje. Wist niet wat ‘ie vandaag moest doen.
— Olaf Koens (@obk) 16. März 2014
„Und für meine flämischen Freunde: „Beobachter“ Frank Creyelman saß um viertel vor zehn schon vor einem Bier. Er wusste nicht, was er ‚heute tun müsse‘.
Heldenhaft in Jalta
Aber wir wollen nicht missgünstig sein. Andere Länder, andere Sitten – wo steht, dass man beim Wahlbeobachten nicht betrunken sein darf?
Am 29. Und 30. August, als in Jalta von Neonazis und Faschisten ein „antifaschistisches Komitee von Russland mit Nazis und Faschisten“ erschaffen wurde, war Herr Creyelmans schon wieder mit von der Partie. Über Herrn Creyelmans liest man da: „Repräsentant der belgischen Separatistenpartei „Vlaams Belang“ (Flämische Interessen) war ein Beobachter des illegalen Referendums auf der Krim. Neonazi, Islamophober, persona non grata in der Türkei.“
Und dann kam der Bombenalarm. Ja, die Welt ist schlecht …
Shake hands unter Freunden
Und jetzt wurden Creyelmans Dienste in Donezk benötigt. Dazu schreibt das belgische antifaschistische Blog AFF-Verzet:
„In Donezk nahmen bloß zwei Parteien, die sich wenig voneinander unterschieden, an den Wahlen teil: ‚Republik Donbas‘ und ‚Freies Donbas‘… In mindestens drei Wahllokalen in Donezk wird unter den Augen von Bewaffneten abgestimmt… Keine einzige anerkannte internationaler Organisation hat zu diesen Abstimmungen, die schon auf Entfernung wie eine Farce aussieht, Beobachter entsandt. Das ‘European Centre for Geopolitical Analysis’ (ECGA) des Polen Mateusz Piskorski und das ‘Eurasian Observatory for Democracy & Elections’ (EODE) waren jedoch zur Stelle. Delegationsleiter für das letztere Institut war der Franzose Fabrice Beaur, Mitglied des finsteren Parteichens Parti Communautaire National-européen (PCN), das von dem Belgier Luc Michel geleitet wird.“
Michel kam im März auf der Krim ganz steil aus dem Gebüsch:
Als Leiter einer angeblichen OSZE-Mission. Der ukrainische Politologe Anton Shekovzov schreibt dazu: „Die gewollt-imposante Präsentation von Michel für die russischsprachigen Zuschauer enthüllt das, sogar in einem generell antiwestlichen Kontext, hohe Ansehen der OSZE.“
Was die OSZE sofort zurückwies, wie sie auch die Behauptung zurückwies, sie beobachte die „Referenden“ am 2. November 2014:
Anton Shekhovzov hat noch in einem weiteren Punkt recht:
„Wie meine Analyse der Bewegungen dieser internationalen „Wahlbeobachter“ zeigt, sind sie in Donezk aus Moskau kommend über Rostow-am-Don angekommen. Das bedeutet, dass sie alle illegal in die Ukraine eingereist sind und somit wegen illegalen Grenzübertritts belangt werden könnten.“
Frank Creyelman traf, aus Moskau kommend, am 1. November in Rostow am Don ein. Außer ihm beteiligten sich noch an der „Beobachtung“ der Abstimmung: Mitglieder der griechischen Kommunistischen Partei und Vertreter des breiten Spektrums der rechten und rechtsextremen Parteien Europas. Die üblichen Verdächtigen der LINKEN scheinen dieses Mal ferngeblieben zu sein.
Die Propheten gelten nichts im eigenen Lande
AFF Verzet schreibt weiter:
„Wer sich … wie ein Fisch im Wasser fühlte, war Frank Creyelman, jetzt nur noch Fraktionsvorsitzender des Vlaams Belang in Mecheln, davor 19 Jahre lang Parlamentsmitglied für den Vlaams Blok/Vlaams Belang.“
Auch der VB ist separatistisch und wir wissen nicht, welche Anregungen sich Creyelmans und seine Parteifreunde Jan Penris und Christian Verougstraete (die beiden waren im März auf der Krim dabei) bei ihrer Beobachterei geholt haben.
Jedenfalls wartet man in Belgien gespannt auf eine Reaktion von Partei und Parteiführung, denn nicht jeder ist mit Creyelman und seinen Kumpels glücklich:
So schreibt Aff Verzet, es sei jetzt die Frage, wie der neue Parteivorsitzende, Tom van Grieken reagieren werde, zumal sein Vorgänger, Gerolf Annemans sich im März sehr ungehalten zeigte und ein Partreifreund in einer Mail an die drei Krim-Beobachter die Frage stellte: „Seid Ihr flämische Nationalisten oder seid Ihr eine Clownstruppe…“
In der Mail fielen sehr hässliche Worte, oh ja…:
„Sehr geehrte Volksvertreter. Wenn es wahr ist, dass Ihr jetzt auf die Krim reist, könnt Ihr mich echt am A*** lecken, ihr Grenzdebilen! Ihr seid schon nicht die Crème de la crème des Vlaams Belang, aber das schlägt alles. Unter russischer Herrschaft wurden auf der Krim hundertausende ethnische Russen, Ukrainer und Krimtataren ermordet oder sind krepiert – einschließlich der gesamten Familie des ersten Ehemannes meiner Großmutter. Und da spreche ich noch nicht einmal über die Gräuel des Zweiten Weltkriegs und die 40-jährige Repression danach, sondern über die davor. Und Ihr fahrt mal eben auf die Krim, um die Scharlatane aus Moskau und ihre Sturmtruppen zu legitimieren durch Eure Anwesenheit bei dieser Farce einer Volksbefragung? Seid ihr wirklich so dumm, den russischen Imperialismus mit echtem Nationalismus und Freiheitsdrang wie in Kiew zu verwechseln? Wollt Ihr auch die „Referenden“ in Estland, Lettland und Litauen beobachten, wenn Putin beschließt, sich dort um die ethnischen Russen zu bemühen? Seid Ihr flämische Nationalisten oder seid Ihr eine Clownstruppe?
Da kämpft man um die nationale Sache unter rücksichtslosem Einsatz der eigenen Leber und dann sowas. Bitter…
Last but not least – oder so: in Donezk mit Denis Puschilin
Nachzutragen wäre bloß noch, dass Creyelman von einem alten Bekannten begrüßt wurde, was er auch stolz in seinem facebook-account postete: Denis Puschilin. Puschilin, einem guten Bekannten von Wladimir Schirinowski kam es zu, mit „Freier Donbas“ die „Wahlalternative“ zu Sachartschenko und dessen „Partei Republik Donezk“ darzustellen.
Man erinnert sich: Denis Puschilin wird am 19. Mai 2014 der selbsternannte Erste Vorsitzende des ‚Obersten Sowjet‘, d.h., des Parlaments der ‚Volksrepublik Donezk‘. Zwei Monate später, am 18. Juli 2014 trat er bereits zurück. Freiwillig, oder so… Bei den ukrainischen Parlamentswahlen von 2012, die 2013 wiederholt wurden, schaffte er es nicht, mehr als 0,08 Prozent der Stimmen zu holen. Bevor er beschloss, Politiker zu werden, arbeitete er für den russischen Pyramidenspielbetrieb MMM, der die Teilnehmer Millionen Euros kostete. Er leugnet das nicht, schließlich seien Pyramidenspiele zu der Zeit in Russland legal gewesen. Ansonsten findet er, dass die Revolution von 1917 eine Katastrophe gewesen sei, die es rückgängig zu machen gelte. Außerdem wurde er in Zusammenhang mit einem Flugblatt gebracht, das die Juden aufforderte, sich und ihren Besitz registrieren zu lassen, andernfalls verlören sie ihre Staatsbürgerschaft. Später folgte ein lauwarmes Dementi.
Wie dem auch sei: Alle Beobachter, einschließlich Herrn Creyelman, sind wieder daheim und sonnen sich in der Bewunderung ihrer jeweiligen Fankurven.
Mögen sich ihre Leberwerte und der CDT-Wert alsbald wieder normalisieren und sowohl ihren Lebern als auch den Völkern im Radius der russischen Begehrlichkeiten weitere Referenden erspart bleiben.