Igor Girkin, besser bekannt unter seinem Kampfnamen Igor Strelkow, auf diesem Foto im vergangenen Sommer in Donezk zu sehen, gab am 11. September eine spontane Pressekonferenz in Moskau, während der er die Vereinbarung von Minsk niedermachte. © AFP Photo/Alexander Khudoteply
Der rätselhafte frühere Kommandeur der von Russland unterstützten Rebellen in der Ostukraine hat die Friedensvereinbarungen in scharfen Worten verurteilt, die von ukrainischen und separatistischen Vertretern, beaufsichtigt von russischen und europäischen Offiziellen, vergangene Woche in Minsk ausgehandelt worden waren. Er sagte, falls die „Militanten“, die er einst kommandiert habe, diesen Bedingungen zustimmten, würde das die „Kapitulation“ bedeuten.
Igor Girkin, ein Moskauer, besser bekannt unter seinem Kampfnamen Igor Strelkow („Schütze“) sagte über die Vereinbarung von Minsk, die zu einem wackligen Waffenstillstand in den umkämpften ostukrainischen Regionen von Donezk und Luhansk geführt hat, der seit dem 5. September in Kraft ist: „Man kann sich keine schändlicheren Vereinbarungen vorstellen, als die, die in Minsk getroffen wurden.“
Er warnte ebenfalls, dass die Ukraine einen Krieg in großem Maßstab vorbereite, und diente Präsident Putin, dem er bislang seine Loyalität noch nicht versichert hatte, seine Unterstützung an.
Das 12-Punkte-Protokoll, das von den Parteien unterschrieben und diese Woche von der OSZE veröffentlicht wurde, und deren Repräsentantin die Verhandlungen bezeugt hat, skizziert, was getan werden muss, damit der Waffenstillstand hält und eine politische Lösung für den Konflikt ausgehandelt werden kann. Diese Übereinkünfte beinhalten die Dezentralisierung der Macht und einen besonderen Status für Donezk und Luhansk, die sofortige Freilassung von Gefangenen und mehr.
Während der Vertreter Kyiws, der frühere Präsident Leonid Kutschma, sowie die Anführer der Separatisten, Alexander Sachartschenko und Igor Plotnitzki die Übereinkunft unterzeichneten, brachten andere Rebellen in der Ostukraine ihre Unzufriedenheit mit dem Ergebnis zum Ausdruck, sagten, es komme Kyiw zu Gute, und dass sie es nicht unterzeichnen würden.
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[Anm. d. Übers.: Dieses deutsch untertitelte Video der Pressekonferenz von Girkin-Strelkow zeigt sein gesamtes Wahngebäude und SEINE Spiegelungen. Als Dokument unbedingt sehenswert. Dass Girkin angekündigt hat, jetzt in Russland selbst gegen den „Moskauer Maidan“ kämpfen zu wollen, und sich Präsident Putin andient, lässt Raum für Spekulationen.]
Während einer Pressekonferenz im russischen Rostow am Don erklärte der separatistische Milizenanführer Pawel Gubarew, seine Kräfte würden fortfahren, das „Territorium von Novorossija“ – so der zaristische Ausdruck für die heutige Ostukraine und der Name, den die Separatisten für ihr selbsterklärtes Territorium gewählt haben – um weitere sieben Regionen der Ukraine zu erweitern, und sie würden sich nicht an den Waffenstillstand halten. Das Minsker Protokoll, so fügte er hinzu, ist „nur ein Stück Papier.“
Doch seine Rebellen werden keine direkte Unterstützung durch Girkin haben, einen erfahrenen Kommandeur, der sowohl in Tschetschenien als auch in der von Moldawien abtrünnigen Provinz Transnistrien gekämpft hat. Gekleidet in gedämpftes Flecktarn, erzählte der schnurrbärtige Kommandeur mit dem pomadisierten Haar, seinem Markenzeichen, der zum Vergnügen an Nachstellungen historischer Schlachten teilnimmt, wenn er nicht gerade in einem echten Krieg kämpft, auf seiner ersten Pressekonferenz seit seinen „Ferien“ im August, dass er nicht in die Ostukraine zurückkehren werde.
„Ich denke, ich kann hier in Russland am nützlichsten sein,“ erzählte er den Reportern. In Russland gebe es eine „Friedenspartei“, die er nicht unterstütze, sagte er. Damit meinte er die politische Opposition im Land. Die „Front“ des Kampfes, der Russland vor der Zerstörung retten solle, ist „hier“.
Wir verlieren auch noch die Überreste des Vaterlands,“ sagte Girkin. „Der beste Weg, Russland vor der Zerstörung durch westliche Agenten zu retten, ist, hier zu bleiben und die Opposition nicht zu unterstützen.“
Girkin kehrte im vergangenen Monat in seine Heimat Russland zurück, nachdem er von seinem Posten als „Verteidigungsminister“ der selbsternannten Donezker Volksrepublik zurückgetreten war, und als Gerüchte von internen Auseinandersetzungen innerhalb der Führung der Rebellen sowie Gerüchte von seiner Verwundung in einem Gefecht bei Snischne (Oblast Donezk) die Runde machten.
Monatelang hatte er die separatistische Rebellion in der Ostukraine angeführt. Dort regierte er die durch seine Milizen kontrollierten Gebiete mit eiserner Faust. Man glaubt, dass er im besetzten Slowjansk (Oblast Donezk) extralegale Hinrichtungen durchgeführt hat.
Von der Kyiv Post im Juli nach dem Rückzug seiner Männer veröffentlichte Dokumente zeigen drei Fälle, in denen Strelkow als Vorsitzender eines „militärischen Standgerichts“ fungierte. Dieses Standgericht klagte vier Männer wegen Plünderung und Verrats an. Aus den Dokumenten – von Strelkow mit blauer Tinte unterschrieben – geht hervor, dass drei Männer hingerichtet wurden. Der vierte wurde freigesprochen.
Am 11. September, unter den Fahnen von Russland und Novorossija und einem Bild des jungen Putin an der Wand, behauptete er, der Westen mache sich nicht einmal die Mühe zu verbergen, dass er Putins Pläne durchkreuzen und Russland zum Kippen bringen wolle.
Das Ziel derer, die er die „fünfte Kolonne“ nannte, und die, wie er sagt, wie eine Bande von „Hyänen“ vorgingen, sei klar: den Krieg ausdehnen und es nicht erlauben, dass Russen in der Ukraine und Russland ein friedliches Leben genießen könnten.
Girkin sagte weiter, der Westen wolle Russland mit weiteren Sanktionen schwächen und einen „Moskauer Maidan“ anstiften, womit er eine Revolution meinte, wie sie den früheren [ukrainischen] Präsidenten Wiktor Janukowytsch im Februar nach Monaten der Massenproteste gestürzt hatte.
Er regte an, das Russland sich um seinen Präsidenten versammeln möge, um die Zukunft des Landes zu sichern. Girkin sagte, Putin sei der einzige „Garant für Frieden und Freiheit.“
Die Pressekonferenz endete damit, dass eine Reporterin Strelkow fragte: „Wann wird der Krieg in der Ukraine enden?“
Die Antwort: „Ich wäre ein Gott, könnte ich das beantworten.“