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Alltag in der DVR: Gefängnis und Folter

Alltag in der DVR: Gefängnis und Folter

Michail Sokolow, RFE/RL – Veröffentlicht am 14.11.2014 – (Teilübersetzung des Gesprächsbeginns)

Ein Fernseh-Gespräch mit einem Opfer der sogenannten Donezker Volksrepublik und einigen (auch russischen) Journalisten

An der Diskussion nehmen teil: Historiker und Journalist Wladimir Maksakow, er hielt sich zuletzt in Donezk auf und verbrachte eine Woche im Gefängnis der DVR; der Abgeordnete der ukrainischen Werchowna Rada von der Fraktion der Radikalen Partei und Kommandeur des Bataillons „Ajdar“, Sergej Melnitschuk; der Journalist der „Nowaja Gaseta“ Pawel Kanygin; sowie Sonderkorrespondent des Fernsehsenders „Doschd“, Timur Olewski. Die Sendung wird moderiert von Michail Sokolow.

Michail Sokolow: Heute wollen wir über die Ereignisse in der Ukraine sprechen, genauer im Donbas. An der Diskussion beteiligen sich: unser Gast Wladimir Maksakow, der sich zuletzt in Donezk aufhielt und, sozusagen unter Einsatz seines Lebens, eine knappe Woche im Gefängnis „Jama“ [rus. Erdloch – Anm. d. Übs.] verbrachte. Ich hoffe, dass der Abgeordnete der Werchowna Rada von der Fraktion der Radikalen Partei und Kommandeur des Bataillons „Ajdar“, Sergej Melnitschuk, per Telefon bei uns sein wird, wir schalten außerdem zwei Journalisten dazu, die sich im Gebiet der sogenannten Antiterroroperation, in der sogenannten DVR und der LVR, also mitten im Kampfgebiet aufhielten, wo die Auseinandersetzungen trotz der formellen Waffenruhe im Donbas weiterhin stattfinden.

Lassen Sie uns mit den persönlichen Geschichten beginnen. Zunächst würde ich von Ihnen gerne wissen, warum Sie, als Historiker von Ausbildung und Beruf, beschlossen haben, in den Donbas zu gehen und sozusagen Teil der Geschichte zu werden?

Wladimir Maksakow: Ich habe mir die Frage vor dieser Reise selbst gestellt und die wohl erste Antwort, die ich hatte, war die, dass in der Ukraine, im Donbas jetzt gerade Ereignisse von historischem Ausmaß stattfinden, höchstwahrscheinlich von historischer Bedeutung. Als Historiker würde ich mich ärgern, sie zu verpassen, nicht mit eigenen Augen mitzubekommen, was dort geschieht. Auf eine Art verspürte ich den Puls der Geschichte, ihren lebendigen Atem, zugegebenermaßen einen ziemlich heißen, aber es war mir sehr wichtig, das mitzuerleben und zu verstehen, wenigstens versuchen zu verstehen, was dort passiert.

Michail Sokolow: Sie wollten die Wahrheit über den Krieg herausfinden, wie Sie in Ihren anderen Artikeln schrieben?

Wladimir Maksakow: Ja, zumindest einmal den Massenmedienfilter loswerden, den Filter wie auch immer gearteter sekundärer Quellen, und versuchen, tatsächlich als Augenzeuge direkt am Ort des Geschehens zu sein.

Michail Sokolow: Und warum nicht von ukrainischer Seite aus? Sie hätten doch auch von der anderen Seite aus dorthin fahren und sich den Krieg anschauen können.

Wladimir Maksakow: Diese ganze Geschichte nahm ziemlich schnell feste Züge an und zu einem bestimmten Zeitpunkt stand ich auf einmal ehrlich gesagt ziemlich unter Zeitdruck, und ich versuchte über Bekannte herauszufinden, wie leicht oder auch schwer es sein würde, von der ukrainischen Seite aus in das Gebiet der sogenannten ATO zu kommen. Es stellte sich heraus, das dies um einiges schwerer gewesen wäre. Dann dachte ich, ich sollte zuallererst die Geschehnisse diesseits der Frontlinie mit eigenen Augen sehen, versuchen, irgendwie zu helfen.

Michail Sokolow: Sie haben sich, wie in dem ausführlichem Material zu Ihrer Person auf Colta.ru nachzulesen ist, für die Bürgerwehr anwerben lassen. Heißt das, Sie sind direkt aus Moskau an die Front gefahren oder haben Sie in Rostow Menschen finden können, die Sie über die Grenze gebracht haben?

Wladimir Maksakow: Wir hatten einen Umstieg in Rostow. Zumindest zu diesem Zeitpunkt war das einer der Wege, freiwillige Kämpfer in die DVR und wahrscheinlich auch die LVR zu bringen.

Michail Sokolow: Wollten Sie dort schießen, töten oder doch irgendeine andere Beschäftigung finden?

Wladimir Maksakow: Das ist eine sehr schwierige Frage. Wahrscheinlich am ehesten Letzteres, ich wollte eine andere Beschäftigung finden. Aber es gab einen Moment, als ich mit den Freiwilligen im Bus von der Grenze aus Richtung Donezk fuhr, da musste ich für mich entscheiden, ob ich bereit wäre, den Abzug zu drücken, wenn man mir ein Maschinengewehr in die Hand geben und den Feind von Angesicht zu Angesicht gegenüberstellen würde. Damals, in jenem Moment wahrscheinlich, habe ich für mich fest beschlossen – ja, ich würde schießen. Aber in diese Situation bin ich, Gott sei Dank, niemals gekommen.

Michail Sokolow: Am Telefon ist jetzt aus der Zone der kriegerischen Auseinandersetzungen, bzw. der des mystischen Waffenstillstands, unser Kollege von der „Nowaja Gaseta“ Pawel Kanygin.

Pawel Kanygin: Ich korrigiere, ich bin im Stillen abgereist, weil ich dringend in Moskau sein musste.

Michail Sokolow: Pawel, könnten Sie uns berichten, wie die Lage dort zur Zeit ist? Unser Gast Wladimir Maksakow war dort Ende Sommer, Anfang Herbst und konnte in aller Ruhe gemeinsam mit angeworbenen Kämpfern die Grenze passieren. Gibt es nach wie vor einen Zustrom Freiwilliger?

Pawel Kanygin: Ich habe seine Geschichte gelesen. Ich möchte sagen, dass man hier bereits Leute in Armeeuniform sieht, Leute, die durchaus wie professionelle Militärs aussehen.

Ich habe z.B. kürzlich im Zentrum in einem der Cafés, in denen sich abends gerne alle möglichen Freiwilligen aus Tschetschenien, Ossetien und Russland treffen, zwei Männer gesehen, die Uniformen der Luftlandetruppen trugen, mit allen Erkennungszeichen, Schulterklappen, Winkeln, Schildern am Barett.

Ich habe versucht, sie in ein Gespräch zu verwickeln, aber zwecklos, sie haben geschwiegen wie Fische. Ich konnte nicht herausfinden, ob sie reelle Fallschirmjäger waren oder sich die Uniformen im Armeeladen gekauft haben, wie unser Präsident sagt. Solche Leute sieht man hier immer mehr, und man hat den Eindruck, dass es jetzt eine offene Geschichte ist, sich niemand mehr besonders darum bemüht, etwas geheimzuhalten, eine Präsenz in vollem Ausmaß, wenn man so will.

Vor kurzem, vor drei-vier Tagen erst, tauchte z.B. vor den Augen des OSZE eine Kriegstechnikkolonne auf, die von Snischne kommend in Richtung Makejewka zog, eine Kolonne von Kampffahrzeugen des Typs BM-21 „Grad“ [Raketenabschussrampen]. Sie waren weder mit Planen noch mit sonst irgendwas bedeckt, es fuhr einfach eine Kolonne vorbei und jeder konnte zusehen. Ich habe dort mit eigenen Augen gesehen, wie Lastfahrzeuge großkalibrige Kanonen transportierten, auch aus der Richtung Snischne. So ist also die Lage. Es hat ein wenig den Anschein, als würden die Wolken dichter, als würde alles in Bewegung kommen, aktiviert werden, der Flughafen ist unter Dauerbeschuss. Aber noch geht es nicht über das gegenseitige Beschießen hinaus. Worin wird der ständige Zuwachs bei den Truppen, die nicht enden wollenden Artilleriebeschüsse letztlich münden?

Viele vermuten, dass die Separatistentruppen früher oder später zu einer wie auch immer gearteten Angriffsoperation übergehen werden. Zumal sie ständig sagen: Wir nehmen Mariupol ein, wir holen uns Slawjansk und Kramatorsk wieder. Genau das ist es, vor dem alle Angst haben, und es scheint, dass es dabei nicht um Wochen, sondern um Tage gehen könnte. Einige Quellen behaupten, der Angriff könnte um den 20. herum beginnen, vielleicht in den ersten Dezembertagen. Genau kann das niemand sagen, das alles wird nicht einmal in Donezk entschieden, sondern irgendwo in einer ganz anderen Stadt.

Michail Sokolow: Das heißt, die Stimmung ist dort im Moment sehr angespannt?

Pawel Kanygin: Die Stimmung ist dort so, als erwarte man etwas Ernstzunehmendes, Ungutes, ein Gefühl, dass das alles zu etwas Globalem führen könnte. So denken jedenfalls viele, zumindest Journalisten, die dort arbeiten, so denken die wenigen, die gegen den Krieg sind, gegen Anwendung von Gewalt von jeglicher Seite – der ukrainischen, russischen, seitens der Rebellen, egal welcher.

Es gibt nicht viele von diesen Menschen, aber sie versuchen wenigstens etwas zu helfen – ich meine die freiwilligen Helfer – der lokalen Bevölkerung, die in manchen Gegenden praktisch ohne Existenzgrundlage geblieben ist. Die Bergwerke sind geschlossen, die Fabriken sind geschlossen, Geschäfte in entlegeneren Bezirken von Donezk sind zerstört. Deshalb müssen dorthin ständig Lebensmittel, Decken, Medikamente gebracht werden, auch schwieriger zu transportierende Dinge wie Generatoren u.ä.

Es ist klar, dass viele Menschen im Falle eines wirklichen Kriegsszenarios einfach ihrem Schicksal überlassen werden würden. Denn das ist die Bevölkerung, die jetzt de facto der DVR untersteht, für das Schicksal dieser Menschen ist jetzt die DVR verantwortlich, für ihre Sicherheit, ihr Wohlergehen, sie bekommen weder Rente noch Sozialleistungen, man sagt, das alles muss die Ukraine zahlen, aber die Ukraine zahlt dieses Geld nicht, und die DVR kann nur ratlos mit den Schultern zucken – wir haben ja kein Budget, wir können nichts machen.

Deshalb wird die humanitäre Katastrophe immer grausamere Züge annehmen, je weiter der Konflikt sich entwickelt. Es ist jetzt schon alles sehr beängstigend, aber was dann kommt, will man sich gar nicht erst ausmalen.

Michail Sokolow: Wladimir, wie war die Stimmung, die Sie damals auf dem Territorium der sogenannten Republik Donezk vorgefunden haben? Wenn ich das richtig verstehe, sind Sie irgendwie der manischen Angst vor Spionage zum Opfer gefallen, der Suche nach Artilleriebeobachtern, feindlichen Kundschaftern u.s.w. Ist es wirklich so, dass die Menschen unter ständiger Beobachtung der Geheimdienste stehen, des NKWD [Ministerium für innere Angelegenheiten], dem SMERSCH [von russ. „smert schpionam“ – „Tod den Spionen“], die dort eingerichtet worden sind?

Wladimir Maksakow: Es ist völlig offensichtlich, dass sowohl Spionage wie Spionageabwehr in der DVR breit aufgestellt sind und gut funktionieren, leider oder auch zum Glück für einige. Ja, ich selbst bin zum Opfer der Angst vor Spionen geworden.

Michail Sokolow: Was hat man Ihnen vorgeworfen?

Wladimir Maksakow: Nichts.

Michail Sokolow: Man nahm Sie einfach fest?

Wladimir Maksakow: Ja. Deshalb kann man wohl von „manischer Angst vor Spionage“ sprechen, denn es wurden keine konkreten Anschuldigungen, Vorwürfe formuliert. Das alles könnte man vielleicht als Quarantäne abtun, wenn es nicht sechs Tage angedauert hätte, zwei davon ohne Licht, und wenn ich nicht Zeuge von Folter, Vergewaltigungen und Misshandlungen geworden wäre, in einem Gebäude, vor dem nur einen Kilometer weiter entfernt Beobachter des OSZE herumgelaufen sind und nicht eine Spur einer Ahnung gehabt haben wollen, was dort in den Kellern vor sich geht.

Michail Sokolow: Sie meinen „Jama“, das Kriegsgefängnis im ehemaligen Gebäude des ukrainischen Sicherheitsdienstes?

Wladimir Maksakow: Ja, ganz genau, auf der Schtschorsa-Straße.

Michail Sokolow: Wer hat Sie verhört, was waren das für Menschen?

Wladimir Maksakow: Ein formales Verhör gab es nicht. Es gab bei der Verhaftung so etwas wie ein klärendes Gespräch unter sehr starkem psychologischen Druck, da hat man recht transparent die Möglichkeit angedeutet, dass ich dort mein Leben lassen könnte. Leidenschaftliche Verhöre, unter Anwendung physischer Gewalt – das gab es nicht. Ich habe als Spion entweder niemanden interessiert oder wurde nicht für voll genommen, vielleicht wollte man mir auch nur Angst einjagen. Wer diese Leute waren? Das ist tatsächlich schwer zu sagen, natürlich hatten sie alle Rufnamen, ihre echten Namen kannten wir nicht, geschweige denn Familiennamen.

Michail Sokolow: Aber ihre Gesichter sind nicht vermummt?

Wladimir Maksakow: Nein, ihre Gesichter vermummen sie nicht. Einige trugen sogar private Kleidung, waren zivil gekleidet, manche benahmen sich betont höflich, korrekt, fluchten nicht, andere drohten im Gegenteil Gewalt an. Verschiedene Leute. Einmal wurde auch das Spielchen „böser Bulle, guter Bulle“ aufgeführt.

Michail Sokolow: Wirkten diese Leute wie professionelle Mitarbeiter der Geheimdienste oder der ehemaligen ukrainischen Polizei, oder sind das irgendwelche Enthusiasten?

Wladimir Maksakow: Das sind Ehemalige, aber eher nicht Ukrainer, sondern Russen.

Michail Sokolow: Warum denken Sie, dass es Russen sind?

Wladimir Maksakow: Erstens haben sie ohne jeden Akzent gesprochen. Zweitens hat der eine oder andere ein paar Worte zu seiner persönlichen Geschichte verloren, z.B. warum man dorthin gekommen ist. Aus solchen Bruchstücken konnte ich schließen, dass ich Profis auf ziemlich hohem Niveau vor mir habe. Ich will nicht sagen, dass es ehemalige KGB-Leute waren, aber ohne Zweifel haben sie eine professionelle Vorbereitung beim Geheimdienst oder Abwehrdienst hinter sich, und machen jetzt, in der DVR, in etwa das gleiche, was sie hier gemacht haben.

Michail Sokolow: Konnte man aus diesen Gesprächsfetzen auch schließen, ob diese Leute dorthin beordert wurden oder auch, sagen wir, im Ruhestand und dort nun zu Arbeiten sind oder haben sie ideologische Beweggründe?

Wladimir Maksakow: Eher Letzteres. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie hier ihre Wohnung verkauft haben, ihr Hab und Gut verteilt und dorthin gefahren sind, um dauerhaft dort zu leben.

Michail Sokolow: Das heißt, sie haben beschlossen, dort ein neues Leben anzufangen?

Wladimir Maksakow: Ja, sie errichten „Noworossija“.

Michail Sokolow: Das heißt, diese Leute verfolgen ein Ziel, glauben an ein „Noworossija“, oder sind das welche, die dorthin fahren, um etwas „herauszuschlagen“, wie Sie in Ihren Aufzeichnungen schreiben?

Wladimir Maksakow: Ich denke, das „Herausschlagen“ – aber das ist nur meine Behauptung – betrifft größtenteils die hiesigen Freiwilligen, die Rebellen.

Michail Sokolow: Sie nehmen sich also Autos, fremdes Eigentum u.s.w.

Wladimir Maksakow: Ja. Diejenigen, die aus Russland kommen, haben ideologische Beweggründe.

Michail Sokolow: Glauben diese Leute daran, dass ein Krieg gegen die USA auf ukrainischem Boden geführt wird oder so etwas? Wie hängt das alles mit der offiziellen Propaganda zusammen?

Wladimir Maksakow: Ohne jeden Zweifel gibt es Menschen, die daran glauben. Es gibt auch welche, die besser informiert sind, es gibt auch eine seltsame und ziemlich schwammige Position der Führungsetagen. Wenn Sie mal genau hinsehen, gibt die jetzige „Regierung der DVR“ keinerlei offizielle Stellungnahmen zu diesen ganzen Gerüchten, Missdeutungen, von denen es viele gibt, besonders im Zusammenhang mit dieser monströsen Lage um den Flughafen und einigen anderen „heißen Punkten“ auf dem Gebiet der DVR. Jeder einzelne von diesen Ideologen hat, glaube ich, ein eigenes Bild im Kopf, aber wie dem auch sei, er ist dort sicher nicht aus purem Zufall, sondern folgt, so pathetisch das klingen mag, dem Ruf seines Herzens.

Michail Sokolow: Wie waren die Bedingungen nach Ihrer Verhaftung? Sie waren in diesem Gefängnis, dem ehemaligen ukrainischen Sicherheitsdienst, wie kann man sich das vorstellen?

Wladimir Maksakow: Das ist ein Keller, der allem Anschein nach schon als Gefängnis gedient hat, als in diesem Gebäude noch der ukrainische Sicherheitsdienst war. Die Bedingungen waren unmenschlich. Die Zellen etwa drei mal anderthalb Meter, man konnte nicht gerade stehen, weder hinlegen noch ausstrecken noch richtig sitzen. Geschlafen haben wir auf irgendwelchen Styroporresten, altes Baumaterial, es gab ein paar Decken. Wenigstens gab es keine Flöhe. In die Zelle wurden bis zu zehn Menschen gesperrt, natürlich war es sehr stickig, unangenehm, wir hatten Angst. Fast zwei Tage lang gab es kein Licht, aber mit den Menschen habe ich sehr viel Glück gehabt, ich hatte sehr gute Mitinsassen, ich glaube, ohne sie wäre ich nicht mehr am Leben.

Michail Sokolow: Was waren das für Leute, die mit Ihnen in einer Zelle saßen?

Wladimir Maksakow: Ich habe noch auf dem Weg von Rostow nach Donezk zwei Freiwillige kennengelernt, wir wurden zusammen festgehalten. Die anderen – das waren zu 90 Prozent völlig willkürlich Verhaftete, sie kommen in Quarantäne und werden als Artilleriebeobachter und Tippgeber überprüft. Manche Anschuldigungen sind völlig absurd, bis hin zum lautstarken Streit mit Handgreiflichkeiten zwischen Eheleuten, dafür kann der Mann festgehalten werden. Oder ein Wachmann dafür, dass er seinen Pflichten zu gut nachkommt und nachts mit einer Taschenlampe durchs Lager läuft.

Andere Anklagen sind formell weitaus ernstzunehmender, ich habe darüber geschrieben, über die junge Frau Anja, die mit einem Kreuz irgendwelche strategisch wichtigen Objekte in der Region Donezk markiert hat, und diese Karte war zusammen mit ihrer Handynummer an einem ukrainischen Kontrollposten zurückgeblieben, so hat man sie gefunden und gefoltert, sie wurde vergewaltigt.

Michail Sokolow: Sie war zusammen mit den Männern in Ihrer Zelle?

Wladimir Maksakow: Ja, sie war in unserer Zelle. Selbstverständlich hat sie niemand von meinen Mitinsassen auch nur angefasst, man ging betont höflich, korrekt und gut mit ihr um. Vergewaltigt wurde sie, wenn ich das richtig einschätze, von den Rebellen im Gefängnis.

Ein junger Kerl, der ein von den Schüssen unzerstörtes Haus fotografiert hatte, um das Bild seiner flüchtigen Bekannten im sozialen Netzwerk „Vkontakte“ zu schicken, sie waren beide in einer Gruppe, die Donezk und seiner momentanen Situation gewidmet ist, und dann hat er sich noch in irgendeiner von den Gruppen des „rechten Sektors“ blicken lassen – dafür wurde er grausam geschlagen.

[…]

Autor: Michail Sokolow

Quelle: RFE/RL – Veröffentlicht am 14.11.2014 – (Teilübersetzung des Gesprächsbeginns)

Übersetzung aus dem Russischen: Jennie Seitz

Redaktion: Euromaidan Press auf Deutsch

Titelbild: SBU-Gebäude in Donezk, Besetzung durch militante Kämpfer

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