Von Sabah Kemel, Le Figaro
Traditionsgemäß durch die Gelder der Kathedrale und die Spenden der Gewerbetreibenden des Viertels finanziert, wird der Weihnachtsbaum das erste Mal aus dem Ausland subventioniert.
„Dieses Jahr, zum ersten Mal in der Geschichte von Paris, kommt der Weihnachtsbaum aus Russland“, rief der Botschafter Russlands in Frankreich, Aleksandr Orlow, während der Feierlichkeiten anlässlich des Anzündens des Weihnachtsbaums aus. Dies sein für die Kathedrale eine „beispiellose Initiative“, so der Rektor von Notre-Dame de Paris, Monsignore Patrick Jacquin. Die Geistlichen hatten bislang nicht nach einer Finanzierungsmöglichkeit für den Weihnachtsbaum gesucht, der jetzt auf dem Vorplatz thront.
Letzten Samstag hatte Kardinal Andrè Vingt-Trois, Erzbischof von Paris, und Monsignore Jacquin, die großzügigen russischen Spender schon auf dem Vorplatz empfangen. „Wir hatten unsere Gläubigen schon in einem internen Aufruf gebeten, sich zu beteiligen“, erklärte Monsignore Jacquin dem Figaro. „Seit zwölf Jahren steigen die Preise exponentiell. 2014 war es am Schlimmsten. (…), und so haben wir, für Weihnachten 2015, jetzt schon mit den Botschaften der Österreichs und der Ukraine Kontakt aufgenommen“, fügte der Geistliche hinzu.
Am Anfang stand ein Kostenvoranschlag von 80.000 Euro
Um die Tradition fortzuführen, hätte die Kathedrale, unterstützt von Gewerbetreibenden, 80.000 Euro auftreiben müssen, das Doppelte des Preises von zuvor. „Ich habe mich an mehrere Botschaften gewandt, um sie zu sensibilisieren“, berichtet Monsignore Jacquin. [A.d.Ü.: seit dem Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat von 1905, mit dem der Einfluss der katholischen Kirche endgültig gebrochen werden sollte, das aber genauso auf die anderen Religionsgemeinschaften angewandt wird, ist staatliche Förderung jedweder Religion verboten. Eine Ausnahme bilden nur die Gefangenen- und die Militärseelsorge, sowie das ehemals deutsche Elsass-Lothringen. Wenig bekannt ist auch, daß der jeweilige französische Präsident, als Erbe der französischen Könige, Kammerherr einer Lateranbasilika in Rom ist, und daß 1996 der damalige Präsident Sarkozy mit Papst Benedikt XVI vereinbart hatte, Schritte zu unternehmen, das o.a. Gesetz zumindest aufzuweichen.] Die russischen Behörden waren die, die am nachhaltigsten und schnellsten reagierten und dann auch schnell grünes Licht gaben. Der Vertreter der Moskauer Regierung in Paris, Igor Tkatch, wurde im November darüber informiert und bot sofort an, einen 25 Meter hohen Weihnachtsbaum zur Verfügung zu stellen und auch bei der Lieferung zu unterstützen. Und das alles im Namen eines „wundervollen Symbols der Einheit, der Brüderlichkeit und des gegenseitigen Verstehens zwischen den christlichen Völkern“, erklärte Igor Tkatch. Letzterer begrüßte auch die Anstrengungen der Pariser Präfektur und der städtischen Dienste, die Fichte an ihren Platz zu transportieren.
„Die französisch-russische Freundschaft feiern“, das andere Leitmotiv des Abends
„Wir wollen mit dieser Geste zeigen, daß, trotz der Anstrengungen, Russland zu isolieren, die Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern so stark und tief ist, dass kein politisches Spielchen sie zu stören vermag“, skandierte Exzellenz Alexander Orlow [A.d.Ü.: der sich, wie hier schon berichtet wurde, auch sehr für die Festigung der Bande zwischen dem Kreml einerseits und Marine Le Pen andererseits engagiert hatte und jetzt besonderes – politisches! – Interesse an Marines Nichte, Marion Maréchal-Le Pen zeigt]. Für seinen Teil, so Monsignore Jacquin, plädiere er für bilaterale Beziehungen jenseits des politischen Feldes, genau wie Igor Tkatch, der ebenfalls darauf bestand, (an diesem Abend) nichts mit der Politik zu verwechseln. Diese Kommentare wurden in einer heiklen Situation zwischen den beiden Ländern geäußert. Frankreich hat nämlich tatsächlich entschieden, die (jetzt vertragsgemäß anstehende) Lieferung des ersten Mistral-Kriegsschiffs auszusetzen und damit die Beziehungen zu Russland abgekühlt.
Wie Orlow und Tkatch sagen, sollte die russische Großzügigkeit einzig und allein als „Geschenk“ an die Kathedrale aufgefasst werden. Im Putinland fand das Angebot noch eine ganz andere Resonanz. Im Ersten (Fernseh)kanal konnte man hören: „Dieses Jahr haben die Pariser nicht mal Geld, sich einen Weihnachtsbaum zu kaufen“.
Autorin: Sabah Kemel
Quelle: Le Figaro
Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch
Titelbild: © Flickr/Munir Squires