Interview mit Igor Girkin alias Strelkow in Svpressa.ua, publiziert am 11.11.2014 (Teil 1 von 2):
Igor Strelkow (IS) beantwortet Fragen. Das Gespräch führte Sergei Schargunow (SC).
Deutsche Übersetzung: Alexander Kaufman (AK)
SC: Igor Iwanowitsch, wie geht es weiter mit der Donezker und Luhansker Republiken? Werden sie bestehen bleibe oder erwartet sie eine undefinierbare Zukunft?
IS: Ich hoffe sehr, dass sie trotz allen Schwierigkeiten und der sehr komplizierten Situation, in der sie sich gerade befinden, bestehen bleiben. Ich hoffe, dass es Noworossija geben wird. Und das im Rahmen eines mit Russland vereinten Staates.
SC: Es gab den „russischen Frühling“, so hat man die Ereignisse genannt. Im Grunde, die unblutige Vereinigung der Krim mit Russland. Es gab den „Russischen Sommer“ – viele Getötete im Donbas. Jetzt ist der „Russische Winter“ am Kommen. Donbas kann in den Zustand der tiefen humanitären Katastrophe verfallen. Ist das so?
IS: Die humanitäre Katastrophe ist bereits eingetreten. Insbesondere in den Gegenden, die nah an der Frontlinie liegen. Denn während wir über die Ereignisse im Donbas sprechen, wir dürfen nicht vergessen, dass dort Krieg herrscht. Nach dem sogenannten Minsker Abkommen über den Waffenstillstand, das nur auf dem Papier existierte und nur für die ukrainische Seite nützlich war – aber nicht für den Donbas [die sogenannten Volksrepubliken – AK] und mitnichten für Russland – gab es keinen einzigen ruhigen Tag an den Fronten. Und jetzt, da die ukrainische Seite faktisch offen von den Bedingungen des Abkommens absieht, ist die Situation dort zum Verzweifeln. Donezk wird stärker als vor dem Inkrafttreten des Minsker Abkommens beschossen. Starker Beschuss, ununterbrochen. Alle anderen Ortschaften werden auch beschossen. Faktisch das ganze Territorium der Donezker und Luhansker Oblast wird durchgeschossen – mit Ausnahme der sehr abgelegenen Gegenden wie Antrazit.
SC: Sie bekommen die Informationen über die Ereignisse nach Ihrer Abreise?
IS: Natürlich.
SC: Und Sie haben vertrauenswürdige Kontakte dort?
IS: Ich bekomme die Informationen täglich via E-Mail und via Telefon. Ich werde es Ihnen nicht sagen, was mir die Kommandeure und die Politiker von dort berichten, denn ich bin nicht mehr deren Leiter. Dennoch sind sie der Meinung, dass sie mich informieren müssen.
SC: Was denken Sie, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit des Ausbruches des offenen Krieges?
IS: Eigentlich, der offene Krieg läuft bereits. Er hat nur den Charakter eines Stellungskrieges.
SC: Ich meine die Panzerbewegungen und Ähnliches…
IS: Er ist unvermeidbar, einfach unvermeidbar. Die ukrainische Seite hat es nie verheimlicht – sogar in den Tagen des Minsker Waffenstillstandes, dass sie vorhat, den Donbas wieder unter ihre Verwaltung zu stellen. Und sie wird dies realisieren. Und dann ist die Krim dran. Und alle unsere Politiker, die allen Ernstes über irgendwelche Abkommen mit der ukrainischen Seite erzählen, lügen. In erster Linie lügen die Verantwortlichen in Bezug auf das Minsker Abkommen, meiner Meinung nach. Sie wissen es ganz genau, dass die ukrainische Seite niemals, bis zur endgültigen Niederlage, die Abspaltung von Noworossija hinnehmen wird. Sie lügen jedoch bewusst, von ihren taktischen Interessen ausgehend, die jedoch nichts Gemeinsames mit den Interessen Russlands und Noworossija haben.
SC: Während der Belagerung von Slowjansk Sie wurden zu einem Symbol. Und Sie bleiben eine Legende für viele Menschen. Waren Sie darauf vorbereitet?
IS: Überhaupt nicht. Mehr als das: Zu meinen Plänen gehörte keinerlei Bekanntheit. Angenommen, als die Slowjansker Epopöe begonnen hat, habe ich geplant, alles so zu machen, wie auf der Krim, und es gab die Hoffnung, alles wird nach dem Szenario der Krim ablaufen. Und zwar gab es Pläne, den örtlichen Leadern und den Milizen zu helfen, die Volksherrschaft einzuführen, ein Referendum abzuhalten, sich an Russland anzuschließen – und das war unser Hauptziel und in erster Linie deren Ziel, das ihnen niemand aufgezwungen hat – das war der aufrichtige Wunsch von ihnen. Um danach, nicht aus dem Schatten treten, sich nicht blicken lassen, und von dort zu verschwinden – wie von der Krim.
SC: Über die Krim werde ich Sie noch befragen. Und wie erleben Sie jetzt diese Bekanntheit? Empfinden Sie sie als störend, hat sich irgendwas verändert?
IS: Zu Beginn, als die Notwendigkeit entstand, und, sagen wir mal, mir wurde entschieden empfohlen, mich zu zeigen, habe ich eine sehr starke, geradezu kolossale Unbequemlichkeit verspürt, weil ich während meiner ganzen Dienstzeit an das Agieren im Hintergrund gewöhnt war. Es war für mich üblich, zu handeln, Entscheidungen zu treffen; dabei wusste ein sehr begrenzter Kreis über meinen vorherigen Dienst, über die Operationen, an denen ich teilgenommen habe, über die Einzelheiten dieser Operationen. Es war entsprechend unbequem, aber mittlerweile habe ich mich an die Aufmerksamkeit der Presse gewöhnen können. Ich akzeptiere diese Notwendigkeit nicht im Sinne der Selbst-PR, sondern im Sinne der Idee.
SC: Die Idee heißt „Noworossija“?
IS: Ja, die Idee „Noworossija“, mit der wir hoffen, alle nichtstaatlichen gesellschaftlichen Kräfte zu vereinen, die eine reale Hilfe für Noworossija leisten wollen; die Tätigkeiten dieser Kräfte zu koordinieren, um den größtmöglichen Effekt zu realisieren.
SC: Die Rede ist in erster Linie von humanitärer Unterstützung?
IS: Die Rede ist von humanitärer Unterstützung. In erster Linie sind wir im Begriff, die Hilfe mit Ausrüstung, Bekleidung/Uniform, Proviant zu leisten – alles Nichtkriegerische. Als Zweites – die Unterstützung der Aufständischen selber und der Mitglieder ihrer Familien, deren Situation momentan nicht die beste ist. Noch eine Richtung ist die Hilfe den Verwundeten, die ist jetzt äußerst notwendig und nicht ausreichend. Mehr als das: Die Volksrepubliken Donezk und Luhansk habe keine Möglichkeit, reale Hilfe zu leisten. Obwohl die Verwundeten nach der Behandlung, insbesondere die Verkrüppelten, in den Zustand der Verzweiflung geraten: Sie bekommen keine Rente, kein Proviant, gar nichts. Auf dem Territorium Russlands haben sie auch gar keinen Status; die Mehrheit lässt sich hier behandeln, und wir versuchen, so viel wie möglich den Leuten zu helfen, die Russland beschützt haben und vieles für diesen Schutz gegeben haben. Zuletzt, die Hilfe den Familien der Verstorbenen. Und noch eine Komponente – die Informationelle. Die sagen wir doch nicht ab. Wir sind der Meinung, dass die Unterstützung der Idee von Noworossija äußerst notwendig ist. Bei uns versuchen manche, die Idee der Existenz von Noworossija in den Hintergrund zu verdrängen, und so zu tun, als ob die Bevölkerung der Donezker und Luhansker Oblaste aufgestanden ist, um sich irgendwelche Rechte auszuhandeln. Das ist nicht wahr: Die Bevölkerung der Donezker und Luhansker Oblaste ist aufgestanden für die Angliederung an Russland. Und als Russland – von den verschiedenen außenpolitischen Gesichtspunkten ausgehend – von der Angliederung Noworossija nach dem Muster der Krim abgesehen hat, haben sie widerwillig den Kampf für die eigene Souveränität aufgenommen. Für die Souveränität in der Union mit Russland.
SC: Haben Sie nicht geplant, dorthin zurück zu kehren?
IS: Momentan ist meine Rückkehr dorthin nicht möglich. Und sogar nicht zielführend. Ich kann erklären, warum. Verstehen Sie, in dieser gegenwärtigen Situation bin ich für Kyiw unakzeptabel. Während diese sinnlosen Gespräche mit Kyiw geführt werden, während die Gas-Komponente wichtiger ist, als das Schicksal der Millionen von Russen, ist es mir unmöglich, zurückzukehren… Meine Rückkehr würde von den sogenannten Partnern äußerst negativ aufgenommen. Außerdem, in den Regierungen der beiden Volksrepubliken sitzen Leute, die meine Rückkehr auch nicht begrüßen würden. Zumindest weil eine sehr große Unzufriedenheit in den Milizen der Donezker und Luhansker Republiken existiert, und mein Erscheinen dort in jeder Eigenschaft, sogar als einfacher Soldat, zu einem Magnet für die Unzufriedenen werden kann. Als Erstes, möchte ich das selber nicht; als Zweites, ich bin der Meinung, das wäre destruktiv – egal, wie die Leader sind. Plotnitzkij kenne ich nicht, Sakhartschenko kenne ich gut genug. Er ist ein kühner Kommandeur.
SC: Haben Sie ihn dort kennengelernt?
IS: Ja, in Donezk.
SC: Also, bereits nach Slowjansk?
IS: Ja, sicher. Er war nicht in Slowjansk. Aber manche Entscheidungen von ihm bewerte ich negativ – in erster Linie das Minsker Abkommen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass in den Bedingungen der Kriegshandlungen jede Opposition, insbesondere bewaffnete, unakzeptabel ist. Im Verständnis, dass meine Rückkehr nach Donezk zu einer Doppelmacht-Situation führen kann, kann ich nicht zurückkehren.
SC: Warum sind Sie gegangen?
IS: Es wurde auf die angebliche friedliche Regulierung gesetzt, falsch, meiner Meinung nach, und das sieht man, denke ich, sofort. Deswegen wurde meine Anwesenheit nicht mehr notwendig. Inklusive – ohne dies zu vertuschen – durch die gewisse Erpressung und den direkten Druck, wie durch die Nichtlieferung der Hilfe aus Russland. Ich spreche offen darüber. Das Einzige, was ich sagen kann, dass ich mich nicht besonders stark dagegen gesträubt habe, denn ich bin immerhin russischer Reserveoffizier und verspüre meinem Land gegenüber eine Verpflichtung. Auch wenn ich mit manchen Entscheidungen politischer Führung Russlands nicht einverstanden bin, muss ich sie befolgen.
SC: Sie waren permanent in der Todesgefahr, weil Slowjansk unter Beschuss stand, und die Stadt umringt war. Wie ist es, in der Nähe des Todes zu leben?
IS: Wissen Sie, das ist meine fünfte Kriegsoperation. Und ich würde sagen, sie war die am wenigsten Gefährliche, speziell für mich als Individuum, als lebendiges Wesen. Weil ich eine ziemlich große Einheit unter meinem Kommando hatte, danach ein Bataillon, dann die Armee – wenn man das als Armee bezeichnen darf – das ist eine Armee. Die meiste Zeit habe ich im Stab verbracht. Natürlich habe ich auch die Positionen besucht, auch während der aktiven Ereignisse, während sie beschossen wurden… Ich kann aber nicht behaupten, dass ich als Kämpfer irgendeinen Heroismus gezeigt habe. Die Frage ist eine andere: Für mich war dies das Gefühl der kolossalen Verantwortung. Das hat mich mehr erschöpft, als das das Gefühl der physischen Gefahr. Ich hatte Verantwortung für die Schicksale von Tausenden und Abertausenden.
SC: Für Sie war Kopfgeld ausgesetzt. Es gab und es gibt diejenigen, die ein Interesse daran haben, dass Sie eliminiert werden.
IS: Sie verstehen es doch selbst, welchen Trumpf die ukrainische Seite bekäme, wenn sie mich, zum Beispiel gefangen genommen hätten und nach Kyiw oder Den Haag ausgeliefert hätten. Die moderne Chemie ist in der Lage, den Willen jedes Menschen zu brechen, unabhängig davon, ob er es will oder nicht. Die Zeiten der Helden von Krasnodon und der Jungen Garde sind vorbei [AK: Strelkow meint die sowjetischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, die gefoltert wurden und trotzdem nicht verraten haben, was der Feind – das Dritte Reich – herauszubekommen versuchte]. Die Deutschen hatten die Mittel nicht, die jetzt entwickelt wurden. In dieser Beziehung bin ich sogar als Geheimnisträger etwas gefährlich, wenn man das so sagen darf.
SC: Kennen Sie viele Geheimnisse?
IS: Natürlich. Und was das Persönliche anbelangt, und zwar am Leben zu bleiben, das ist für mich zweitrangig. Ich denke, jeder hat sein Schicksal. Sagen wir mal, wenn jemandem vorausbestimmt ist, gehängt zu werden – dann wird er nicht ertrinken. Hauptsache, zu tun, was du tun musst, und es kommt, wie es kommt. In diesem Fall ist dieses Prinzip (manche schreiben es den chinesischen Gelehrten zu, manche – dem Imperator Diokletian, manche – Mark Aurel) das richtigste, insbesondere in der Kriegszeit.
SC: Was hat Sie im Krieg unterstützt?
IS: Natürlich der Glaube. Ohne den Glauben, ohne das Verständnis, dass der Gott uns real hilft – und ich bin davon überzeugt, dass der Gott uns geholfen hat, weil manche Ereignisse kann man rationell nicht erklären; ohne dies hätten wir nicht ausgehalten.
SC: Gab es Wundersituationen?
IS: Soviel man will. Am laufenden Band. Ein Wunder ist zum Beispiel, dass man uns in den ersten Tagen nicht ausgelöscht hat. Ein Wunder ist, dass alle Pläne des Gegners über unsere Zerstörung nicht verwirklicht wurden. Ein Wunder ist, dass wir mit den minimalen Verlusten dem Gegner viel größere Verluste erbracht haben. Wenn wir uns die Retrospektive von Slowjansk anschauen – mit mehreren Dutzend von Leuten haben wir dem ganzen Staat Ukraine standgehalten, obwohl sich die Ukraine im Zustand des Zerfalls und der Anarchie befand – dennoch ist das ein Staat, und seine Stärke ist mit unserer unvergleichbar. Sie konnten uns wie die Fliegen zerquetschen. Aber das ist nicht passiert – aufgrund der verschiedenen Zusammenflüsse der Umstände, wovon jeder einzelne eventuell rational erklärt werden kann.
SC: Die Kriege in Transnistrien und auf dem Balkan, wo Sie waren, und dieser Krieg – was ist denen gemeinsam?
IS: All das sind Bürgerkriege. Es kämpfen die Leute, die dieselbe Sprache sprechen. Ideologische Trennung, nicht nationale. In Bosnien ist das die religiöse Trennung. Aber es kämpfen die Brüder…
SC: Transnistrien hat aber für die russische Sprache gekämpft, nicht?
IS: Ja, aber in den Einheiten, die gegen die Kischinauer Gruppierungen gekämpft haben, waren sowohl Moldawier als auch Ukrainer sowie Russen. Alles international. Es gab auch Gagausen. Auf der anderen Seite, übrigens, waren Russen. Angenommen, in der Stadt Bendery hat uns die Spezialeinheit der Polizei gegenübergestanden. Dort waren viele Russen, die dort noch seit den sowjetischen Zeiten waren und automatisch geblieben sind – sie waren automatisch gegen eigene Brüder vorgegangen. Wobei dort gab es auch radikal-nationalistische Strömungen, wobei nicht moldauische, sondern rumänische.
SC: War die Krim Ihr Tun?
IS: Ich habe an den Maßnahmen teilgenommen, aber ich kann natürlich nicht sagen, dass das mein Tun war. Ich hatte dort eine eher bescheidene, aber nicht unwichtige Rolle.
SC: Ich kann mich daran erinnern, als ich im Februar dort ankam, habe ich beobachtet, welche Autorität Sie dort genossen haben. Ich hatte den Eindruck, Sie führen dort die Geschäfte.
IS: Am Anfang habe ich ernsthaft am Geschehen teilgenommen. Während der weiteren Entwicklung der Situation bin ich einfach in den Hintergrund gegangen und war mit der Formierung der Spezialeinheit beschäftigt. Und mit der Unterstützung russischer Streitkräfte.
SC: An welchen Tagen genau kamen Sie auf die Krim? Als alles begann? Gleich nach dem Maidan?
IS: Zwei Tage vor dem Beginn.
SC: Also, als Sewastopol aufgestanden ist..?
IS: …war ich bereits auf der Krim.
SC: Und Sie haben alles mit den eigenen Augen gesehen?
IS: Ich habe die Einnahme des Flughafens Simferopol geführt. Weil dort eine gewisse Unentschlossenheit herrschte. Deswegen musste ich so zu sagen einen Spielertrainer spielen.
SC: Haben Sie den Zusammenstoß zwischen den russischen und krimtatarischen Aktivisten beobachtet?
IS: Nein, direkt nicht.
SC: Aber Sie waren bereits dort?
IS: Ja, ich war dort.
SC: Kannten Sie Sergej Aksjonow zuvor?
IS: Ja, ich kannte ihn. Ich habe ihn während der Übergabe der Heiligen Drei Könige kennengelernt [AK: gemeint ist eine Reliquie der Russisch-Orthodoxen Kirche, die am 30. Januar 2014 auf die Krim gebracht wurde; Strelkow hat sie als „Security-Mitarbeiter“ begleitet]. In Simferopol hat er bei mir einen sehr guten seriösen Eindruck hinterlassen. Er ist ein charismatischer Mensch. Wenn man ihn seiner Vergangenheit beschuldigt, dann kann ich sagen, dass er einer der Wenigen ist, der über den Schatten seiner Vergangenheit gesprungen ist; er ist fähig, sich zu entwickeln – und das ist eindeutig. Er ist sehr clever und energisch. Er hat das Zeug, ein guter politischer Leader zu werden – und ich hoffe, die Krim ist nicht die letzte Stufe seiner Karriere. Eine große Tragödie, dass es in Donezk einen solchen Menschen nicht gab. Als ich auf das Territorium der Donezker Oblast kam, habe ich gehofft, einen ähnlichen Leader dort zu finden, um sein Ratgeber zu werden. Und zwar um das zu wiederholen, was ich bereits auf der Krim gemacht habe.
SC: Waren Sie derjenige, der Aksjonow ausgesucht hatte?
IS: Wissen Sie, es gibt unterschiedliche Meinungen darüber. Die Sache ist, Sergej Walerjewitsch hat sich mit vielen Personen unterhalten, auch mit mir.
SC: Sie reisten auf den Donbas gleich nach der Krim?
IS: Ja, sozusagen. Einen Tag habe ich in Moskau verbracht. Danach kam ich zurück auf die Krim, habe dort eine Woche oder zehn Tage verbracht und bin dann gestartet.
SC: Hatten Sie viele Leute?
IS: Zweiundfünfzig Mann.
SC: Was ist mit diesen Leuten passiert?
IS: Manche sind gefallen. Es sind viele Leute gestorben. Ich denke, nicht weniger, als ein Viertel von denen ist gefallen oder wurde schwer verwundet.
SC: Wer sind oder waren diese Leute?
IS: Die Mehrheit waren ukrainische Staatsbürger. Viele von der Krim. Russen waren es vielleicht zwanzig Prozent. Zum Beispiel Motorola.
SC: Also kam Motorola auch zu der Zeit?
IS: Motorola hat mit uns die Grenze überquert. Auf der Krim habe ich ihn aus den Freiwilligen ausgewählt, die zu uns von den anderen Formationen und den Aufständischen der Krim gekommen sind.
SC: Wie ging das, dass aus fünfzig Leuten eine ganze Armee wurde?
IS: Ich antworte auf die Frage, die danach kommen wird. Warum Slowjansk? Als wir die Grenze überquert haben, haben wir noch keinen eindeutigen Plan gehabt, wohin wir gehen. Es war mir bewusst, dass es aussichtslos ist, mit dieser kleinen Gruppe Luhansk oder Donezk als Ziel anzupeilen. Das sind die Städte mit jeweils über einer Million Anwohner; fünfzig Leute werden dort einfach unsichtbar bleiben. Werden sich ohne jeglichen Effekt auflösen. Ich habe mir gleich eine Aufgabe gestellt – einen mittelgroßen Ort zu finden. Einerseits, einen ausreichend bedeutenden Ort; andererseits, einen Ort, in dem wir schnell die Volksmacht implementieren können. Die vom Volk unterstützte Macht. Und nicht einfach erobern… Für die ukrainische Seite ist das bequem, uns als Terroristen darzustellen… Die Ortsansässigen haben uns erwartet. Im Voraus, mit den Autos. Ich meine, als wir uns zu Fuß der Straße näherten, wurden wir schon erwartet.
SC: Seid ihr zu Fuß über die Grenze?
IS: Fünfzehn bis siebzehn Kilometer sind wir über die Grenze marschiert. Und erschienen am abgesprochenen Ort – der von denjenigen ausgewählt wurde, die uns erwartet haben. Entsprechend haben wir die Frage gestellt: Wo ist der Ort, an dem wir mit einer massiven Unterstützung rechnen können? Es wurde Slowjansk genannt. Ich habe mir die Karte angeschaut. Natürlich, war das weit weg. Aber wir haben nicht besonders viele Möglichkeiten zur Auswahl gehabt. Wir sind nach Slowjansk gefahren. Zum Zeitpunkt unseres Ankommens dort erwarteten uns bereits dreihundert Aktivisten, die alles mitgemacht hätten. Wir haben uns mit dieser Gruppe vereint und haben den Sturm der örtlichen Polizeizentrale angefangen. Nach zwei Stunden war sie bereits eingenommen; eine Stunde später – das Gebäude des Staatssicherheitsdienstes. Die damalige Stadtverwaltung war neutral; sie haben wir ohne Kämpfe eingenommen. Entsprechend, zur Mittagszeit haben wir die Stadt in unseren Händen gehabt. Mit den Vorräten an Waffen, die sich auf der Polizeistation befanden, haben sich die örtlichen Freiwilligen ausgestattet. Daraus wurden aus uns gleich ungefähr hundertfünfzig. Und schon zwei Tage später habe ich eine Gruppe von 28 Kämpfern ausgegliedert und nach Kramatorsk geschickt, unter dem Kommando von Terz. Was er eigentlich auch durchgeführt hat.
(wird fortgesetzt)
Quelle: Svpressa.ua, publiziert am 11.11.2014
Übersetzung: Alexander Kaufman
Redaktion: Euromaidan Press auf Deutsch