von Fritz Ehrlich
Samstagabend in der Ukraine. Die Ukraine liebt es, zu feiern. So lange ich sie kenne. Und so hart wie es klingt, auch im Krieg wird getanzt, geflirtet und die Tassen gehen hoch. An jeder Ecke Nachtclubs. Die Musik ist bis auf die Straße zu hören, bildhübsche Mädels in kurzen Röcken und Stöckelschuhen stehen vor den Eingängen und rauchen aufgeregt – bei Minusgraden und glatter Strasse (wie machen die das nur…?).
Alles wie immer. So zumindest scheint es bestimmt für einen Touristen, der die Landessprache nicht versteht.
Und doch, etwas ist anders. Hier in einer Stadt außerhalb des okkupierten Gebietes tief im Osten nahe der russischen Grenze redet man über den Krieg auch vor der Disko. Ich gehe weiter, an der nächsten Ecke höre ich die Nationalhymne der Ukraine, life gespielt von einer Band. Ich gehe rein und man lässt mich in den Saal schauen. Die Jugend singt mit, herzlich und laut:
“Noch sind der Ukraine Ruhm und Freiheit nicht gestorben,
noch wird uns lächeln, junge Brüder, das Schicksal.
Verschwinden werden unsere Feinde wie Tau in der Sonne
und auch wir, Brüder, werden Herren im eigenen Land sein…”
Ich denke mir, mein Gott, wann habe ich das letzte Mal meine deutsche Hymne gesungen?
Am Ende der Hymne lautes Jubeln. Einer ruft : “Slawa Ukraine” (Ruhm der Ukraine) der ganze Saal tobt wie mit einer Stimme zurück “Gerojam slawa” (Ruhm den Helden). Dann weiter mit “smert wragam” (Tod den Feinden). Zum Schluss ruft einer “Putin” , die Antwort “Huilo” geht im lauten Gelächter unter.
Früher hat niemand in der Ukraine wirklich freiwillig die Nationalhymne gesungen, schon gar nicht im Nachtclub oder beim Konzert, machen wir uns nichts vor: Es war eher peinlich für viele. Mit dem Maidan wurde das anders. Aber die kriegerische Vergewaltigung durch Russland hat die Menschen erst wirklich entschlossen gemacht. Die russische Führung wollte die Ukraine “weichklopfen” , aber sie hat im Gegenteil den Stahl erst richtig hart gemacht.
Die Ukraine ist nicht in Angst und Schrecken vor den Russen versunken, sie kämpft, selbst beim Feiern…
Russland kann dieses Land einfach nicht besiegen.
Quelle: Fritz Ehrlich Facebook
Titelfoto: aus der Diskothek “Mega Dance” in Starobilsk, Luhansk (Zufallswahl – nicht der im Beitrag erwähnte Ort – aber schön “patriotisch”)