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Anwälte: Nadija Sawtschenkos Behandlung gleicht der Folter

Anwälte: Nadija Sawtschenkos Behandlung gleicht der Folter

von Halya Coynash, Charkiwer Menschenrechtsgruppe

Nadija Sawtschenko wird der Schlaf entzogen, sie wird 24 Stunden am Tag überwacht und darf nicht ohne Beisein von Beamten mit ihrem Anwalt sprechen. Sie selbst berichtet darüber hinaus, dass die russische Staatsanwaltschaft versucht, ihr einen von der Anklagebehörde ausgewählten Anwalt unterzuschieben.

Nikolai Polosow, einer der Anwälte der ukrainischen Offizierin Nadija Sawtschenko, berichtet, dass die Bedingungen, unter denen sie im Serbski-Institut in Moskau in Haft gehalten wird, gegen das Völkerrecht verstoßen. Sawtschenko, die gegen ihren Willen nach Russland verbracht wurde, nachdem sie durch vom Kreml unterstützte Militanten in der Region Luhansk in der Ukraine gefangen genommen worden war, werde am Schlafen gehindert. Polosow ist der Auffassung, dass dies als eine Form der Folter angesehen werden muss. Sie wird rund um die Uhr bei grellem [künstlichem] Licht in ihrer Zelle/ihrem Zimmer überwacht. Polosow berichtet auch, dass er in Verletzung internationaler Konventionen nicht privat mit seiner Mandantin sprechen kann. Stattdessen spricht er durch eine Glasscheibe in der Gegenwart von fünf russischen Strafvollzugsbeamten, darunter ein Oberst.

Sawtschenko wird außerdem daran gehindert, irgendetwas zu schreiben, sie darf weder Briefe schreiben noch Dokumente für das Gericht vorbereiten.

Nadija Sawtschenko erzählte Polosow, dass ihre Mutter unter Druck gesetzt worden sei, sie solle den Anwalt der Staatsanwaltschaft akzeptieren.

Polosow und Sawtschenkos anderer Anwalt, Mark Fejgin, sagen, dass sie diesbezügliche Beschwerden vorbereiten. Fejgin schreibt, sie hatten geglaubt, “die Ermittlungsbehörde würde sich darauf beschränken, Nadija zu isolieren auf jeden Fall nicht auf das Mittel des Schlafentzugs zurückzugreifen. Aber wir dachten zu gut von ihnen. Jetzt ist der EMRK dran [der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte].”

Memorial, die renommierte Menschenrechtsorganisation, die das russische Justizministerium derzeit aufzulösen versucht, erklärte letzte Woche Nadija Sawtschenko als politische Gefangene. Ihre Freilassung haben der US-Außenminister John Kerry und viele andere hochrangige ausländische Politiker gefordert.

Nadija Sawtschenko wird zu einer sogenannten psychiatrischen Untersuchung im  Serbski-Institut festgehalten, das berüchtigt ist für die dort in der Sowjetzeit angewandte Zwangspsychiatrie. Die Untersuchung findet trotz eines im Auftrag von Sawtschenko eingelegten und derzeit noch laufenden Berufungsverfahrens statt. Die Anhörungstermine in diesem Prozess wurden mehrfach vertagt, und der nächste Prozesstermin ist erst nach einem mehr als einmonatigen Aufenthalt Sawtschenkos im Serbski-Institut anberaumt, sie ist dort ständig umgeben von Strafvollzugsbeamten. Mit größtem Zynismus wurde dieses Datum so festgelegt, denn es hieß, dass die “Beurteilung” [ihres Geisteszustands] nicht unterbrochen werden sollte.

Sie kündigte an, sie werde jegliches Gespräch und jede Art von Zusammenarbeit mit dem Klinikpersonal des Serbski-Instituts verweigern. Sie ist der Auffassung, dass die Zwangs-“Beurteilung” illegal ist.

Nadija Sawtschenko wurde in der [ukrainischen] Region Luhansk von Kämpfern der selbsternannten “Luhansker Volksrepublik” am 17. oder 18 Juni gefangengenommen. Zwei Tage später erschien ein Video von ihr, wie sie von den Militanten verhört wird. Sie zeigte Mut bei der Vernehmung und weigerte sich, die Informationen zu geben, die die Militanten von ihr forderten.

Am 2. Juli ordnete ein russisches Gericht Untersuchungshaft gegen sie an und verlängerte den Gewahrsam bis zum 30. August. Russlands Untersuchungsausschuss verkündete am 9. Juli, da gegen Sawtschenko Anklage erhoben werde wegen angeblicher “in einer Gruppe begangener Komplizenschaft bei der Tötung von zwei oder mehr Personen, die ihrer amtliche Tätigkeit nachgingen, auf eine gemeingefährliche Art und Weise und aus Gründen des politischen Hasses”.

Die Ermittlungsbehörde behauptet, dass Sawtschenko im Juni als ein Mitglied des Bataillons Aidar den Verbleib einer Gruppe von Journalisten von TV-Rossija und anderer Zivilisten außerhalb von Luhansk in Erfahrung gebracht habe und diese Informationen an Kämpfer weitergegeben habe, die die TV-Rossija-Mitarbeiter Igor Korneljuk und Anton Woloschin bei einem Mörserangriff getötet hätten.

Sie behaupten auch, dass Sawtschenko die Grenze zu Russland ohne Dokumente überquert habe, wobei sie vorgegeben habe, ein Flüchtling zu sein. Sie behaupten, dass sie zunächst festgenommen wurde, um ihre Identität festzustellen.

Diese Version der Geschichte wird von Sawtschenko mit Nachdruck abgestritten, sie selbst sagt aus, sie sei gewaltsam mit einem Sack über dem Kopf und in Handschellen über die Grenze transportiert worden. Die Version der russischen Ermittler ist insgesamt total unglaubwürdig. Mehr Einzelheiten über die Falschinformationen in diesem Fall und die Mitwirkung von russischen Fernsehjournalisten bei der Vertuschung des Sachverhalts hier: Das russische Fernsehen hilft der Staatsanwaltschaft im Fall von Nadja Sawtschenko.

Die Verteidigung hat überzeugendes Beweismaterial dafür vorgelegt, dass Sawtschenko bereits gefangen genommen worden war, bevor die russischen Journalisten getötet wurden. Weder dies noch die Unstimmigkeiten in den von den Ermittlungsbehörden präsentierten Sachverhalten hatten eine Auswirkung auf die Gerichtsentscheidung, und es scheint sehr wahrscheinlich, dass einfach ein von oben verlangtes Urteil gesprochen wurde. Der politische Charakter der Inhaftierung und des Gerichtsverfahren wird sehr deutlich durch die richterliche Anordnung vom 3. Juli (und aus den Akten der Ermittlungsbehörden). Diese Anordnung bezeichnet die Region Donbas in der Ukraine als Donezker und Luhansker Volksrepubliken.

Autor: Halya Coynash

Quelle: Charkiwer Menschenrechtsgruppe

Übersetzung: Klaus H. Walter für Euromaidan Press auf Deutsch

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