Der föderale Aufsichtsdienst für Kommunikation, Informationstechnologie und Medien Roskomnadzor begann bereits mit der Vorbereitung für die Sperrung der Server von Facebook, Twitter und Google in Russland.
Anfangs war geplant, dass die Server in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 gesperrt werden, in dieser Woche dachten die Abgeordneten aber schnell um und verabschiedeten eine Gesetzesänderung, wonach das Datum der Sperrung auf den 1. Januar 2015 vorgezogen wird. Roskomnadzor bemüht sich, die nötigen Voraussetzungen noch früher zu schaffen.
Der Prozess des Ausschaltens vollzieht sich in zwei Schritten. Zunächst erhalten die ausländischen Dienste die bewusst unerfüllbare Forderung, alle Nutzerdaten an Orte zu verschieben, die unter der Kontrolle des russischen Sicherheitsdienstes stehen. Im Anschluss werden sie aufgrund der Nichterfüllung der Forderung ausgeschaltet. Oder viel eher, wir werden von ihnen weg geschaltet.
Nachdem man bei Roskomnadzor als Organisator für die Verbreitung von Informationen registriert wurde, muss die Website innerhalb der nächsten sechs Monate „auf dem Territorium der Russischen Föderation Informationen über Daten des Empfangs, der Weitergabe, des Sendens und/oder der Überarbeitung von mündlicher Information, geschriebenen Texten, Bildern, Geräuschen oder anderen elektronischen Nachrichten von Internetnutzern“ speichern. Bei Nichterfüllung dieser Forderung droht eine Strafe von bis zu 500.000 Rubel für juristische Personen, so Roskomnadzor.
Ihnen [der Leserin oder dem Leser] scheint vielleicht, als ließen die Journalisten der Zeitung „Izwestija“ ein wichtiges Detail aus: Wessen Daten müssen auf russischem Territorium gespeichert werden? Geht es hier nur um Staatsbürger der Russischen Föderation, über russischsprachige Internetnutzer auf der ganzen Welt oder über Personen beliebiger Staatsangehörigkeit, die sich zur Zeit der Datenübertragung auf russischem Territorium befinden?
Eigentlich tragen die Journalisten der „Izwestija“ in diesem Fall gar keine Schuld. Natürlich können sie den Beamten von Roskomnadzor diese interessante Frage stellen und vielleicht haben sie sie sogar gestellt und ihnen wurde nur nicht erlaubt die Antwort abzudrucken. Die bittere Wahrheit sieht so aus, dass die Antwort darauf in der föderalen Gesetzgebung nicht zu finden ist. Es wurde kein einziger Versuch unternommen, die Rechtsprechung der Gesetze und den legitimen Interessensbereich des russischen FSB einzuschränken, weder im Bezug auf die Staatsbürgerschaft, noch der Sprache oder der geografischen Lage. Wenn wir das föderale Gesetz 97 so lesen, wie es verfasst und verabschiedet wurde, dann handelt es sich generell um jegliches Empfangen und Senden von Daten, amerikanische, europäische, japanische, kanadische, israelische oder neuseeländische, ganz ohne Einschränkungen. Und die Definition eines Blogs ist auch ziemlich breit. Ich zitiere, sonst glauben Sie mir ja nicht:
„Der Betreiber einer Website und/oder einer Seite einer Website im Internet, auf der sich öffentlich zugängliche Informationen befinden und die täglich von mehr als 3.000 Internetnutzern (im Weiteren „Blogger“ genannt) aufgerufen wird, ist aufgrund der Auffindbarkeit und Nutzung von Informationen durch Dritte verpflichtet, die Gesetzgebung der Russischen Föderation zu befolgen.“
Hier wird ziemlich deutlich, dass es keine Einschränkungen gibt. Nicht in Bezug auf die Staatsbürgerschaft, der Sprache oder der geografischen Lage. Wenn deine Seite täglich 3.000 Mal besucht wird, bist du auf der Liste und damit musst du dich an die Regeln halten. Auch wenn deine Sprache Indonesisch ist und sich deine Zielguppe auf der Insel Java befindet. Entweder du bekennst dich zu dieser Jurisdiktion und passt dich an oder wir sperren dich. So steht es in der Gesetzgebung.
Natürlich wird niemand das Gesetz in der Form, in der es verabschiedet wurde, anwenden. Das war auch von Anfang an gar nicht die Aufgabe. Schon zehn Tage bevor das Gesetz in Kraft trat, erklärte Maksim Ksenzow von Roskomnadzor allen, dass seine Behörde keine Bestimmungen dieses Gesetzes ausführen wird außer ausgewählter politischer Zensur.
Nie war es unser Ziel und das wird es auch nie sein, eine Zählung aller wichtigen russischsprachigen Internetnutzer vorzunehmen. Das ist eine wenig aussichtsreiche Aufgabe und darum geht es im Gesetz auch gar nicht… In dem Gesetz ist die Erstellung einer Liste von Bloggern vorgesehen, die Roskomnadzor am 1. August einführen möchte, sie wird nicht zu Statistikzwecken erstellt… Wir sehen keine besondere Notwendigkeit, vorab die Anzahl der Nutzer einzuschätzen, die potenziell von diesem Gesetz betroffen sein könnten – eine statistische Erhebung wird während der Anwendung des Gesetzes aufgenommen, und das Ergebnis bleibt beweglich.
Beweglichkeit ist die grundlegende Eigenschaft der Gesetzesanwendung im heutigen Russland. Bei demjenigen, auf den man morgen mit dem Finger zeigt, wird das Gesetz dann flexibel ausgelegt. Aber die wichtigste Aufgabe ist es, in Russland Facebook, Twitter, und die Google-Dienste zu blockieren. Die Duma hat eine Frist bis zum 1. Januar gesetzt, aber Roskomnadzor arbeitet auf Hochtouren, um schneller bereit zu sein.
Ich weiß nicht, womit diese Eile zusammenhängt, auf jeden Fall geht es zunächst nur um die Technologie des Ausschaltens, die ganz einfach mithilfe von Proxy oder VPN übergangen werden kann.
Anton Nossik