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Wie man sich dem Imperialismus nicht widersetzt: Ukraine und die "Russia Today-Linke"

Wie man sich dem Imperialismus nicht widersetzt: Ukraine und die "Russia Today-Linke"

von Ari Paul und Michael Brooks, 22. Mai 2014 
Souciant.com; Übersetzung aus dem Englischen

Pro-Putin-demo.-Brussels-May-20141
Pro-Putin-Demo. Brüssel, Mai 2014.

Angenommen, Sie haben ein paar neue Fakten über Star Wars erfahren; Fakten, die das bekannte Narrativ (demzufolge die Rebellen-Allianz die imperiale Aggression durch die Zerstörung des Todessterns besiegt hat) erschüttern. Und zwar haben die Rebellen in der Anfangszeit ihrer Bewegung Geld vom National Endowment for Democracy erhalten, da amerikanische Beamte dies als eine Möglichkeit sahen, das Schifffahrts-Monopol des Galaktischen Imperiums zu brechen.

Abgehörte diplomatische Kommuniqués zeigen, dass sich die Vereinigten Staaten später gewünscht haben, dass die Rebellen über die Imperiale Marine siegen, um die Planetensysteme in den globalen Weltmarkt aufnehmen zu können. Vielleicht würde jetzt die Linke beginnen, die Rebellen mit mehr Misstrauen zu betrachten. Einige würden sogar damit anfangen, die Zerstörung von Alderaan zu verteidigen, jetzt, da wir wissen, dass dieser Ort eine Anlaufstelle für die amerikanische Intervention war. Darth Vader, jetzt nicht mehr der “Bösewicht”, tritt nun pragmatisch gegenüber der westliche Aggression auf.

Dieses Gedankenexperiment erlaubt es uns den moralischen Zusammenbruch auf der Linken besser zu verstehen, wenn es um das Verständnis globaler Machtkämpfe, und der Menschenrechte geht, seitdem es sich der russische Präsident Wladimir Putin zur Aufgabe gemacht hat, die Ukraine zu kontrollieren. Dieser Zusammenbruch führt zu einer binären Sichtweise, der zufolge eine Alternative zu Washington oder Brüssel immer vorzuziehen ist. Eine Sicht, die zum einen intellektuell faul ist, und zum anderen unterstellt, dass jeder, der nicht einverstanden, einfach  nicht die Wahrheit hinter den “Schlagzeilen” erkennt.

Wie sonst soll man einige Positionen der  Anti-Imperialisten verstehen, in einer Zeit, in der die autokratischen Führer eines Ölstaats, der seine eigene Version einer Monroe-Doktrin kennt, Militarismus und Schuldenabschöpfung kombinieren, um die Angelegenheiten eines anderen Staates zu steuern, von dem sie sich ungestörten Zugang zu dessen Energieressourcen erhoffen?

Oder, noch problematischer, wie sollen wir diejenigen verstehen, welche die Regierung in Kiew als “Neo-nazistisch” verleumden, weil eine kleine Zahl von Ministern zu rechten Parteien gehört, aber sich nicht für die extremen Rechten Parteien in Europa interessieren, einschließlich der antisemitischen Jobbik in Ungarn und der griechischen Morgenröte, welche Moskau als Gegengewicht zur Europäischen Union unterstützten? Was denn sonst könnte einen Revolutionär ermutigen, die neue Ordnung in der Ukraine anzuprangern, weil sie sich aus Straßenprotesten ergab, statt aus institutionellen Kanälen etablierter Staatsmacht? Was ist denn schon so radikal an einer Regierung, die Homosexuelle schlecht behandelt und feministische Punks in Arbeitslager steckt?

Sicherlich haben das so nicht alle Linken abgekauft, aber genug haben es – diese Rhetorik hat es auf den Umschlag von The Nation geschafft und in Debatten auf Democracy Now!, die Diskussionsgruppen, die dem “Left Business Observer” zugeordnet werden [einem bekannten Newsletter der amerikanischen Linken; der Übersetzer] und sogar Michael Parenti inspirierten, für die Pravda zu schreiben. Und selbst wenn es sich dabei um eine Minderheit der amerikanischen Linken handeln sollte, so sind es doch genug, um die Glaubwürdigkeit dieser Seite des politischen Spektrums in Frage zu stellen.

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Anti-imperialistische Demo. Brüssel, 15. Mai.

Natürlich besitzt der binäre Anti-Imperialismus eine lange Geschichte. Einige westliche Radikale glaubten wirklich daran, dass die Sowjetunion eine anti-imperialistische Macht war, während andere Mao Zedongs revolutionäre Regime in China anbeteten. Später begannen andere, Führer der Dritten Welt zu Idolen zu machen, darunter Fidel Castro, oder den kürzlich verstorbenen Hugo Chavez.

Es ist nicht schwer, diese historische Bilanz an Hand der tatsächlichen sowjetischen Außenpolitik oder chinesische Menschenrechtsverletzungen zu korrigieren. Aber auch in diesen Fällen konnte man nachvollziehen, warum einige westliche Linke, ohne ein volles Verständnis der Brutalität dieser Regime zu besitzen, diese übersahen, und versuchten, revolutionäre Modelle zu emulieren. Aber in der heutigen Zeit, in der nicht klarer sein könnte, von welcher Natur autoritäre Regierungen von Russland bis Syrien sind, ist es zutiefst verstörend und bizarr, dass solche Regime von den Linken gestützt und rechtfertigt werden.

Um kurz auf die Beispiele Moskau und Damaskus einzugehen: beides sind Regime, die nicht nur zahlreiche, und manchmal schreckliche Menschenrechtsverletzungen begehen, sondern auch in ihrer Ideologie reaktionär sind. Wladimir Putins Russland wird von einer ölreichen Oligarchie betrieben, und verfügt über enorme Ungleichheit und soziale Unterdrückung. Baschar al-Assads Syrien wird durch Vetternwirtschaft betrieben und hält fest an seiner faschistischen Staatsordnung, durch das Militär ausgeführt, im Namen einer religiösen Sekte.

In beiden Fällen gibt es keinerlei objektiv nachvollziehbare Ansprüche dieser Führer, dass diese für wirtschaftliche Gerechtigkeit kämpfen, Basisdemokratie oder eine neue Art der globalen Weltordnung einführen wollen. Stattdessen handelt es sich um rechte Regime, die bereit sind, härteste Gewalt anzuwenden (in Assads Fall chemische Waffen), um ihren Machtanspruch zu verteidigen. Wenn die einzige Sache, die diese Reime attraktiv für die Linke macht, ihre Bereitschaft ist, die USA zu brüskieren, dann ist diese linke Vision einer Außenpolitik verdientermaßen eine Totgeburt.

Andere auf der Linken konzentrieren sich stattdessen darauf, Verschwörungstheorien zu spinnen, die immer zu den gleichen Schlussfolgerungen kommen. Genauer gesagt sind die Vereinigten Staaten für alles verantwortlich, Putin und Assad reagieren lediglich auf die amerikanische Aggression. In der Ukraine haben einige zu Recht die Rolle beleuchtet, welche die extreme Rechte bei den Maidanprotesten spielte, und berichtet, dass die Außenpolitik der USA nach dem Kalten Krieg unsensibel gegenüber Russland war; andere aber versuchten, eine breit angelegte Bewegung der Zivilgesellschaft, die sich gegen ein korruptes Regime stellte, als lediglich einen weiteren amerikanischen “Coup” abzutun.

Dieser Reduktionismus unterschlug sowohl die Rolle der linken und fortschrittlichen Kräfte in der Ukraine, die in erster Linie  zum Entstehen des Maidans beigetragen haben, und ignorierte völlig die Unterstützung Russlands für das korrupte, brutale und von Oligarchen-geführte Regime in dem Land.

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Belgische Antifaschisten, Piazza Schuman.

Was Syrien angeht,  so gibt es unzählige Theorien, die versuchten, zu beweisen, dass Assad nicht hinter den Chemiewaffen-Angriffen im vergangenen Jahr steckte. Und dies, obwohl es einen breiten Konsens gab, auch von prominenten Menschenrechtsorganisationen, dass die Regierung in Damaskus hinter den Angriffen steckte. Letztlich wurde das auch durch die Vereinbarung anerkannt, die Russland vorschlug, um amerikanische Luftangriffe zu verhindern – eine Vereinbarung, in welcher die Assad-Regierung dazu gebracht wurde, ihre Lagerbestände unter internationaler Aufsicht zu vernichten. [Aktuelle Berichte deuten darauf hin, dass Assad erneut chemische Waffen eingesetzt hat.]

Was auch oft der linken Kritik fehlt, ist ein Verständnis der US-Außenpolitik. Beispielsweise zeigen viele auf die Rolle des “National Endowment for Democracy”, wenn es darum geht, Oppositionsgruppen in der Ukraine zu finanzieren, und setzten diese mit den Aktivität der CIA gleich, welche Staatsstreiche in anderen Ländern orchestrierte. Obwohl NED sich manchmal so verhält, dass es der lokale Bevölkerung oder ihren Anführern unangenehm sein kann, so bedeutet dass nicht, dass NED einfach ein Instrument der amerikanischen Außenpolitik ist. Die Vereinigten Staaten haben lange die Macht des ägyptischen Diktators Hosni Mubarak mit Waffen, Vertrieb, Auslandshilfe und starker diplomatische Unterstützung gesichert, aber auch Aktivisten unterstützt, die Mubarak ablehnten. Mit anderen Worten: die Politik war widersprüchlich und inkohärent, aber nicht eindimensional und Böse. Die Ironie ist, dass linke Kritiker der US-Außenpolitik Washington oft mehr zutrauen, als es verdient.

Es sollte klar sein, dass die richtige Antwort darin besteht, sich auf die Seite der einfachen Menschen und ihre Wünsche zu stellen, und sich nicht mit den Ambitionen der  Staatsführer gemein zu machen. Zum Beispiel entrissen in der Stadt Mariupol Industriearbeiter die Stadt aus dem Griff der bewaffneten pro-russischen Separatisten, was ein Sieg der unabhängigen Arbeiterklasse über den Nationalismus wäre. Die Frage ist nicht, ob die internationale Linke solidarisch zu Kiew oder Moskau stehen sollte, sondern mit wem genau an diesen Orten sie stehen sollte. Die Antwort, wie Louis Proyect es beschrieb, sollten die Linken sein, wie wenig auch an diesen Orten von ihnen übriggeblieben sind.

Bei diesem Kampf stehen auf der einen Seite Linke, Gewerkschafter, ethnische Minderheiten und Antifaschisten, auf der anderen Seite der Staat und die rechten Kräfte. Es ist der gleiche Grund, warum man bei einem Aufstand in Teheran, nicht die nationale Regierung unterstützen sollte, nur weil diese gegen die amerikanischen Interessen und Zionismus kämpft. Man sollte hingegen die liberale Gesellschaft und die Handelsgewerkschafter des Iran unterstützen, die sich all zu oft in Gefängniszellen wiederfinden, anstelle auf der Ladenfläche.

Leider mündeten linke Versuche, den reflexartigen Anti-Imperialismus herauszufordern, in der Vergangenheit mehrfach in rechten Kapitulationen. Christopher Hitchens und andere “liberalen Falken” haben vielleicht ursprünglich auf die Torheit hingewiesen, unhaltbare Tyrannen zu verteidigen, aber am Ende begeistert blutige, unnötige Kreuzzüge unterstützt. Letztlich ist der Internationalismus ein Ideal, nachdem wir streben können – einfach den Imperialismus abzulehnen ist eine negative Reaktion ohne Lösung. Das Entscheidende ist es, eine Vision für die Welt aufzustellen, und deine Verbündeten gerecht und anständig zu unterstützen. Deswegen solidarisieren wir uns mit der Linken auf dem Maidan und mit Luke gegen das Imperium.

Quelle: http://souciant.com/2014/05/hownottoopposeimperialism/

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