Herrn
Erhard Eppler
Friedensberg 6
74523 Schwäbisch Hall
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Dresden, 2014-05-13
OFFENER BRIEF
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. (Das achte Gebot)
Sehr geehrter Herr Eppler,
in Ihrem Gastbeitrag bei n-tv vom heutigen Tag „Faschisten“ gegen „Terroristen“ – Wie die Ukraine Krise zu lösen ist unterstellen bzw. suggerieren Sie durch Ihre Wortwahl, bei den Mitgliedern der ukrainischen Regierung in Kyiv handele es sich um „Faschisten“. Das ist eine Verleumdung.
Darüber hinaus behaupten Sie: „Auch der deutsche Steuerzahler hat ein Interesse daran, dass dieses miserabel regierte Land nicht gegen, sondern mit Russland saniert wird.“
Die Regierung in Kyiv ist erst wenige Wochen im Amt und wird durch eine Vielzahl terroristischer, wesentlich durch die Russische Föderation und andere Kräfte finanzierter und unterstützter terroristischer Akte sowie der Annexion eines Landesteiles durch die Russische Föderation wesentlich abgelenkt. Zudem muss sie schwierigste Altlasten des Janukowitsch-Regimes bewältigen. Das macht ein normales Arbeiten der Regierung fast unmöglich. Wie können Sie dieser Regierung, die erst wenige Tage arbeitet, in überheblichster Weise unterstellen, das Land „miserabel“ zu regieren?
„Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in der Ostukraine will mit den Herren in Kiew nichts mehr zu tun haben“, so Ihre Einschätzung zum Ausgang der „Referenden“ in der Ostukraine. Zunächst dürfen wir feststellen, dass „Referenden“ nur in einem winzigen Bruchteil der Regionen der Ostukraine stattgefunden haben, und an diesen „Referenden“ wiederum haben nur der kleinste Teil der Bevölkerung überhaupt teilgenommen. Dass Sie hieraus eine „Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in der Ostukraine“ konstruieren verleumdet den tatsächlichen Volkwillen und demaskiert Sie umso mehr als williges Werkzeug wahrheitswidriger Kreml-Propaganda.
Als ein „wichtiger Vordenker“ Ihrer Partei, der SPD, steht Ihnen solche auf fatalen Fehleinschätzungen basierende Meinungsäußerung selbstverständlich zu (man muss sie sogar fast erwarten), ungeachtet dessen, dass Ihre vorsätzliche Fehlinformation der Menschen in Deutschland wohl kaum zur Deeskalation beiträgt. Die unkritische Übernahme von propagandistischen Positionen des Kremls ist allerdings kein „Vordenken“ und entbehrt auch völlig jeglichen Nachdenkens, was von einem „Vordenker“ zumindest ansatzweise erwarten werden sollte.
Da Sie als ehemaliger Kirchentagspräsident und als ehemaliges Mitglied des Vorstandes des Kirchentages anzunehmender Weise christliche Positionen vertreten sollten weisen wir Sie in aller Offenheit und Öffentlichkeit darauf hin, dass die Verleumdung von Menschen als „Faschisten“ und die Verleumdung von Millionen von Ostukrainern gegen das achte Gebot verstößt: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Wir fordern Sie als Christen auf, Ihre verleumderischen Aussagen unverzüglich zu korrigieren und öffentlich zurückzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Viktoria Komnik, Dresden / Kiew Christian Chemnitzer, Dresden / Zhytomyr