von Kirill Michailow, Euromaidan Press
Bei den von den russischen “Behörden” am 14. September abgehaltenen Wahlen auf der besetzten Krim gab es eine überwältigende Mehrheit für Putins Partei “Einiges Russland” (Jedinaja Rossija), die weitgehend die alten politischen Eliten der Krim repräsentiert. Die unabhängige russische Zeitung Nowaja Gaseta gab einen Überblick über die Wahlsieger:
Wladimir Konstantinow
Konstantinow, früher Sprecher der ukrainischen Werchowna Rada (Parlament) der Krim, besucht Moskau seit Anfang 2014 regelmäßig. Dadurch wurde er wohl zu einer Schlüsselfigur der stillen Invasion durch Russland. Konstantinow hatte wiederholt damit gedroht, dass die Halbinsel ihren Status “überdenken” werde, falls “antirussische” Kräfte in der Ukraine die Oberhand gewinnen würden. Die Baufirma des Parlamentssprechers “Console” schuldete ukrainischen Banken Millionen, was für ihn einen persönliche Anreiz bedeutete, für Russland zu arbeiten. Die Wahl [vom September] ergab für ihn die Rolle des Sprechers des Staatsrats der “Republik Krim” und “legitimierte” seine angestammte Position.
Sergej Aksjonow
Sergej Aksjonows Partei “Russische Einheit” (Russkoje Jedinstwo) war auf der Krim seit 2010 aktiv. Einige vermuten, dass Aksjonows Kampagne vom ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch finanziert wurde, der erhebliche Vermögenswerte auf der Krim hatte. Allerdings genoss Aksjonows Partei nur einen marginalen Erfolg und hatte gerade mal drei Abgeordnete im Krim-Parlament. Erst durch die russische Invasion stieg Aksjonow in die Prominenz auf. Nach Angaben diverser Quellen wurde er unter den wachsamen Augen von russischen Bewaffneten von den Abgeordneten aus insgesamt 30 vorab ausgewählten Bewerbern als Vorsitzender des Ministerrates gewählt. Am 9. Oktober bestimmte der neu gewählte Staatsrates Aksjonow einstimmig als Regierungschef der Krim, was seine Kontrolle über die Halbinsel verfestigte.
Aleksej Tschalyj
Während Aksjonow und Konstantinow als bloße Ja-Sager der russischen Zentralregierung wirken ist Aleksej Tschalyj eine prominentere und unabhängigere Figur. Als lokaler Geschäftsmann aus Sewastopol hatte er ein High-Tech-Unternehmen und unterstützte lokale Museen und Schulen. Im Jahr 2014 stand er noch vor der Invasion hinter den ersten pro-russischen Kundgebungen in Sewastopol. Sein Auftritt im Kreml bei der Unterzeichnung des Annexionsvertrags der Krim in einem schwarzen Rollkragenpullover anstelle eines Anzugs war für viele ein Schock und könnte dazu beigetragen haben, dass sein Stern sank. Sein Nachfolger als Stadtregent von Sewastopol ist der ehemalige Vize-Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte, Sergej Menjailo, und Tschalyj bekam eine eher bescheidene Position als Sprecher der Fraktion von “Einiges Russland” im Stadtrat von Sewastopol.
Partei der Regionen
Im den letzten zehn Jahren war die Krim eine sehr solide Wählerbasis für die Partei der Regionen des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch. Während vor 2010 einheimische “Regionalisten” die Schlüsselpositionen innehatten, übernahmen nach Janukowytschs Wahl Bürokraten aus dessen Heimatregion Donezk die Kontrolle. Die Neulinge engagierten sich heftig in der Schattenwirtschaft und bei Korruptionsdeals, wobei sie riesige Landflächen an Offshore-Gesellschaften verschoben, die Janukowytschs Kumpanen gehören. Die Annexion führte zum Untergang der Donezker Garde, und auf der Wahlliste von “Einiges Russland” rangierten Mitglieder der alten Krim-Partei der Regionen und aus dem inneren Kreis von Aksjonow (darunter zwei seiner nahen Verwandten, was wahrscheinlich durch den Mangel an anderen geeigneten Kandidaten bedingt ist). Die Erstgenannten haben mehrere ukrainische Präsidenten überlebt und hegen die Hoffnung, auch Putin zu überdauern.
Die Krim ist, wie Nowaja Gaseta argumentiert, ein sicherer Rückzugsort für die Beamten und Mitglieder der Partei der Regionen, besonders im Vergleich zu der ungewissen Zukunft ihrer Kollegen auf dem Festland der Ukraine. Sie unterstützen Moskau zur Erhaltung des Status quo, damit sie an der Macht bleiben und die Kontrolle über ihr Vermögen behalten können. Der Artikel kommt zu dem Schluss, dass es sich jedoch wahrscheinlich nur um ein Zweckbündnis handelt, trotz der Rhetorik, und für den Fall eines politischen Klimawandels wäre leicht vorherzusehen, dass die Krim-Eliten – wieder einmal – in die andere Richtung gehen werden.
Autor: Kirill Michailow
Quelle: Euromaidan Press
Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch