Die russische Justiz hat ein Strafverfahren wegen Völkermordes an den russischsprachigen Bewohnern der Ostukraine eingeleitet. Sie wirft Mitgliedern der ukrainischen Führung und des Militärs vor, Befehle zur “vollständigen Beseitigung der russischsprachigen Bürger” in Donezk und Luhansk gegeben zu haben.
Gleichzeitig verbreiten russische Medien die Meldungen, dass die Separatisten in den Gegenden, die kurz zuvor unter Kontrolle der ukrainischen Armee standen, Massengräber mit rund 400 Leichen gefunden hätten. Die meisten davon seien Zivilisten.
Hinweise auf Massengräber waren einige Tage davor auf der Web-Seite des überregionalen russischen Fernsehsenders REN-TV mit Bildern von aufgereihten Leichensäcken „dokumentiert“. Journalisten der BBC deckten inzwischen auf, dass es sich dabei um Ausschnitte längst veröffentlichter Bilder von Opfern des Abschusses der Passagiermaschine der Malaysian Airlines MH17 handelte.
Mit der Einleitung der Ermittlungen heizt der Kreml den Konflikt, an dem er – wenn auch unerklärterweise – beteiligt ist, weiter an. Es ist zu befürchten, dass der Kreml Schritt für Schritt an einem Szenario arbeitet, das einem direkten Einmarsch des russischen Militärs in die Ostukraine als Legitimation dienen soll. Russland könnte die Schutzverantwortung bei drohendem Genozid reklamieren.
Die propagandistische Aktion soll die schweren Menschenrechtsverletzungen im Donbas vertuschen, die UNO und Menschenrechtsorganisationen in ihren Berichten den bewaffneten Milizen der Separatisten zum Vorwurf machen. Deren Mitglieder hätten in den Regionen Donezk und Luhansk wiederholt Bewohner an der Flucht gehindert und auf fliehende Zivilisten geschossen. Sie brächten ihr Militärgerät in dicht besiedelten Gegenden unter und führten von dort aus ihre Attacken durch. Damit brächten sie die Zivilbevölkerung in Gefahr. Natürlich muss die ukrainische Regierung auch Hinweisen auf Kriegsverbrechen nachgehen, die insbesondere Freiwilligenbataillonen zur Last gelegt werden. Für den Vorwurf des Völkermordes dagegen gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Wer ihn dennoch erhebt, verschärft die ohnehin angespannte Lage und nimmt damit weitere Opfer in Kauf.