Putins Mythos von der Krim als Heiligtum verblüfft russische Historiker
von Ilja Archipow und Stepan Krawtschenko, Bloomberg Businessweek, 5. Dezember 2014
Mit seiner Aussage, die Krim sei ein für Russland heiliger Ort, sorgte Präsident Wladimir Putin für Verwirrung bei Historikern und gab Anlass zu verächtlichen Kommentaren.
Die Krim sei für die Russen "wie der Tempelberg in Jerusalem" für Muslime und Juden, sagte Putin, und würde “von nun an bis in Ewigkeit" auf diese Weise betrachtet werden. Wladimir der Große wurde in Chersones, Krim, christlich getauft. Dieses Ereignis im Jahr 988 wird unter Historikern als Beginn der Christianisierung der Kyiwer Rus angesehen - einem Vorläuferstaat Russlands und der Ukraine - erklärte Putin gestern in seiner jährlichen Ansprache vor dem Parlament und Spitzenbeamten in Moskau.
"Fürst Wladimir war Kyiwer und kein Moskauer - allein dies unterstreicht doch wohl eher das Anrecht Kyiws und nicht Moskaus auf die Krim", sagte der russische Historiker und Politikwissenschaftler Andrej Subow in einem Interview.
Putins neuer Mythos über die Krim hat damit einen religiösen Aspekt zur russischen Konfrontation mit den USA und der EU hinzugefügt, die nach der Annexion der Halbinsel im März begann. Die Sanktionen haben dazu beigetragen, die russische Wirtschaft, die mit einem 39 prozentigen Absturz des Rubels gegenüber dem Dollar in diesem Jahr und einem Absturz des Ölpreises um ein Drittel zu kämpfen hat, an den Rand der Rezession zu treiben. Russland ist etwa mit der Hälfte des Staatshaushalts von Einnahmen aus Öl und Gas abhängig.
Historiker streiten darüber, ob Wladimir in Wassiljew in der Nähe von Kyiw oder in Chersones getauft wurde, sagte Subow, der seinen Posten an der Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen im März verlor, nachdem er Putins Übernahme der Krim mit der Annexion von Österreich durch den nationalsozialistischen Diktator Adolf Hitler 1938 verglichen hatte.
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