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Der Prozess gegen Sawtschenko: Keine Rechtsgrundlage, keine Beweise und kein Vertrauen in die russische Justiz

Der Prozess gegen Sawtschenko: Keine Rechtsgrundlage, keine Beweise und kein Vertrauen in die russische Justiz

von Halya Coynash, Charkiwer Menschenrechtsgruppe

Ein Abgeordneter des Sankt Petersburger Regionalparlaments hat den Prozess gegen Nadija Sawtschenko als politisches Verfahren verurteilt und gesagt, dass dadurch das totale Misstrauen zum russischen Strafverfolgungssystem noch verstärkt wird.

Laut dem Rechtsanwalt und Abgeordneten der Sankt Petersburger Gesetzgebenden Versammlung Alexander Kobrinskij gibt es weder irgendeine Rechtsgrundlage für das Verfahren gegen Nadija Sawtschenko noch irgendeinen Beweis für ihre Beteiligung an einem Verbrechen. Obwohl das russische Strafgesetzbuch im Prinzip eine Bestimmung enthält, wonach Êrmittlungen in Fällen von Verbrechen gegen russische Staatsangehörige im Ausland möglich sind, hält er die Strafverfolgung der ukrainischen ehemaligen Pilotin und jetzt gewählten Parlamentsabgeordneten für politisch motiviert. “Jeder weiß, wie es dazu kam, dass sie jetzt in Russland ist,” sagte er und fügte hinzu, “der Fall Sawtschenko verstärkt insgesamt das Misstrauen in das russische Strafverfolgungssystem”.

Kobrinskij wurde von der russischen Zeitung Niesawissimaja interviewt, nachdem bekannt geworden war, dass Sawtschenkos Partei Batkiwschtschyna zugestimmt hatte, dass Sawtschenko zusammen mit anderen Abgeordneten am 27. November vereidigt werden wird, ihre eidesstaatliche Erklärung wird auf einem Bildschirm angezeigt werden.

Es wurde bereits berichtet, dass die Mitglieder der neuen parlamentarischen Koalition der Ukraine vereinbart haben, dass Nadija Sawtschenko die Werchowna Rada in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates [PACE] vertreten soll. Dadurch entsteht ein weiterer wichtiger Grund, zusätzlich zu den bereits sehr vielen anderen Gründen, warum Russland die ukrainische Pilotin freilassen sollte, die seit vielen Monaten in russischer Haft gehalten wird.

Ob dies in Russland Auswirkungen haben wird, ist wohl fraglich. Niesawissimaja sprach auch mit Alexej Makarkin, einem russischen Politologen, der es für unwahrscheinlich hält, dass Sawtschenkos Nominierung von der PACE anerkannt wird und dass diese eine Erklärung bezüglich der Inhaftierung einer Delegierten abgeben werden. Er glaubt, dass Russland diesen Schritt demonstrativ ignorieren wird, und weist darauf hin, dass Sawtschenkos Wahl und Bestimmung zur PACE-Delegierten erfolgt sei, nachdem sie festgenommen und in Untersuchungshaft genommen worden war.

Dies ist möglicherweise zu erwarten, aber Nadija Sawtschenko wurde in der Ukraine durch vom Kreml unterstützte Milizen gefangen genommen und anschließend nach Russland entführt – und deswegen ist ihre Strafverfolgung und Haft nach wie vor skandalös.

Die 33-jährige (jetzt ehemalige) ukrainische Militärpilotin wurde um den 17. Juni herum von Militanten im Gebiet Luhansk gefangen genommen und nach Russland entführt, wo sie erstmals am 3. Juli offiziell in Untersuchungshaft genommen wurde.

Sowohl der Antrag der Ermittlungsbehörde für ihre Inhaftierung als auch die Entscheidung des Gerichts bezeichneten den Haftort als “das Gebiet der Republiken Donezk und Luhansk” – selbsternannte “Republiken”, die trotz erheblicher Unterstützung finanzieller Art durch den Kreml und mit Soldaten nicht offiziell von Russland anerkannt wurden.

Obwohl ein Video von Sawtschenkos Verhör durch die Militanten am 20. Juni veröffentlicht wurde, aus dem ganz klar hervorgeht, dass sie in der Region Luhansk gefangen genommen wurde, hat Russland behauptet, dass sie “freiwillig” nach Russland gekommen sei und die Anerkennung als Flüchtling beantragt habe, nachdem sie bei einer Routinekontrolle verhaftet worden war.

Vor kurzem deutete man sogar an, dass auf sie eine Anklage wegen “illegalen Grenzübertritts” zukommen könnte.

Sawtschenko identifizierte vor kurzem den derzeitigen Leiter der Luhansker “Republik”, Igor Plotnitzkij, als einen der Männer, die sie entführt haben. Sie hat mit kategorischer Bestimmtheit ausgesagt, dass sie mit Gewalt in Handschellen und mit einem Sack über dem Kopf nach Russland gebracht wurde.

Die Ermittlungsbehörde (Untersuchungsausschuss der Russischen Föderation) behauptet, dass Sawtschenko im Juni als ein Mitglied des Bataillons Aidar den Verbleib einer Gruppe von Journalisten von TV-Rossija und anderer Zivilisten außerhalb von Luhansk in Erfahrung gebracht habe und diese Informationen an Kämpfer weitergegeben habe, die die TV-Rossija-Mitarbeiter Igor Korneljuk und Anton Woloschin bei einem Mörserangriff getötet hätten.

Die Ermittler haben versucht, sowohl alle Gerichtsverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden zu lassen und zu verhindern, dass Beweismaterial in die Prozessakten aufgenommen wird, wonach Sawtschenko zu fraglichen Zeitpunkt nicht in der Nähe der Stelle war, an der die beiden Russen getötet wurden. Die Ermittler haben zwei neue Gutachten angeordnet, gaben aber der Verteidigung praktisch keine Informationen über deren Inhalt, obwohl eines davon mit dem Telefon und den SIM-Karten zu tun hat, die Sawtschenko abgenommen wurden, als sie in Gewahrsam kam (wovon die Ermittlern vermutlich behaupten werden, dies sei in Russland geschehen). In der Zwischenzeit hat die Verteidigung angekündigt, dass in dieser Woche neue Beweise vorgelegt werden, die ein- für allemal unter Beweis stellen werden, dass Sawtschenko bereits in Luhansk war, die Journalisten zu Tode kamen, für deren Tod sie der Mittäterschaft beschuldigt wird.

Es gab Forderungen nach Sawtschenkos Freilassung von westlichen Regierungen, und die renommierte Menschenrechtsorganisation Memorial erklärte Nadija Sawtschenko als politische Gefangene.

Autorin: Halya Coynash

Quelle: Charkiwer Menschenrechtsgruppe

Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch

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