Von Wladimir Frolow
Präsident Putins Forderung nach einer neuen Weltordnung, um die weltweite Hegemonie der USA zu beenden, hat einige griffige Schlagzeilen produziert, war aber als politisches Programm ein Schlag ins Wasser.
Die westlichen Hauptstädte haben Putins Rhetorik entweder ignoriert oder als wenig sachkundiges Nörgeln abgetan. Die nicht-westliche Welt hat sich nicht gerade beeilt, bei seiner Anti-Pax Americana anzuheuern. Es werden keine Anstrengungen unternommen, eine neue Helsinki-Konferenz einzuberufen, um internationale Grenzen neu zu überdenken.
Ein Grund für den fehlenden Enthusiasmus ist, dass Putin wenig Substanzielles für diplomatisches Engagement anbietet. Er skizzierte ein breites Spektrum an Beschwerdefällen für Russland, indem er ein Opferrollen-Narrativ entwickelte, demzufolge Russland vom Westen über den Tisch gezogen worden sei. Aber er war weitgehend inkohärent in dem, wie seine neue Weltordnung aussehen sollte.
Er strebt eine Wiederherstellung einer „geopolitischen Parität“ mit den USA an, indem er Moskau ein Veto über die internationalen Interventionen Washingtons sichern will, und dasselbe Recht, in der Nachbarschaft Russlands mit Gewalt durchzugreifen. Er will einen „Konsens der verantwortlichen Mächte“, wobei jede eine separate „geopolitische Einheit“ anführt, wo weniger bedeutende Mächte keine volle Souveränität haben und ihre Zukunft nicht selbstständig entwerfen können. Er gewährt den Menschen keine Handlungsfähigkeit und spricht ihnen das Recht ab, gegen den Machtmissbrauch ihrer Regierungen zu revoltieren.
Und hier liegt der zweite Grund, warum Putins Plan nicht abhebt: Er forciert eine Auffassung von internationaler Wirklichkeit, die so nur im russischen Fernsehen existiert. Russland ist eine mittelgroße Macht, der es an Leistungsfähigkeit mangelt, das internationale Umfeld im Alleingang zu formen. Es spielt nicht in der Spitzenliga mit den USA und China.
Moskau leidet an Supermacht-Phantomschmerzen, wobei seine Ambitionen jedoch nicht von Wirtschaftsstärke oder technologischem Können gestützt werden. Sein einziger Anspruch auf den Supermachtstatus sind seine Atomwaffen, die allzu ungeniert geschwungen werden.
Wie der Analyst von Carnegie Europe, Ulrich Speck, vor kurzem in einem Blog-Post schrieb, muss Russland akzeptieren, dass die Weltordnung auf der Vorstellung territorialer Integrität und Souveränität ruht und dass kleinere Länder ebenso Grundrechte haben. Die Alternative zur Integration in diese Ordnung ist permanenter Konflikt, der Russland weit mehr schaden würde als dem Westen.
Das Problem ist, dass Putin innenpolitisch von einem Dauerkonflikt mit dem Westen profitiert. Dieser gestattet es ihm, von der Verantwortung für das Versagen, das Land zu modernisieren, abzulenken, und vertuscht seinen groben Schnitzer in der Außenpolitik gegenüber der Ukraine und die schwindelerregenden Kosten für Russland. Das Narrativ der Neuen Weltordnung ist ein Trick, um den Konflikt am Leben zu erhalten und Moskau dabei ein gutes Gefühl zu vermitteln.
Autor: Wladimir Frolow (Präsident der LEFF Group, eines Lobby- und PR-Unternehmens)
Quelle: The Moscow Times
Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch
Foto: Jewgeni Rasumni/Wedomosti