von Muzaffar Suleymanov / Committee to Protect Journalists
Der russische Schauspieler Michail Poretschenkow hat sich in eine Reihe mit dem Basketball-Star Dennis Rodman und Jeniffer Lopez gestellt: Rodman hatte den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un zu seinem besten Freund erklärt, Jennifer Lopez ein Geburtstagsständchen für den autoritären Führer von Turkmenistan gesungen – sie alle gehören zu einer Reihe von Prominenten, die im Hinblick auf Menschenrechte in Fettnäpfchen getreten sind.
Am Donnerstag ließ sich der Schauspieler Michail Poretschenkow bei einem Besuch bei den pro-russischen Rebellen in östlichen ukrainischen Stadt Donezk filmen. Sein Auftritt hatte allerdings weit gefährlichere Folgen als die von Rodman oder Lopez.
In einem Video des separatistischen Fernsehsenders ‘Novorossia’ (übersetzt als Neurussland) besuchte Poretschenkow mit kugelsicherer Weste und einem Helm mit der Aufschrift “Presse” bewaffnete Rebellen an der Front – in dem Video wird gesagt, es handle sich um den belagerten Donezker Flughafen. Auf die Frage nach dem Zweck seines Besuchs erklärte Poretschenkow, er sei gekommen, um seine Unterstützung für die Separatisten zu äußern und die Ereignisse dort zu bezeugen. Augenblicke später akzeptierte er ein Angebot, mit einem schweren Maschinengewehr auf die andere Seite des Konflikts zu feuern – so schilderte dies sein ungenannter Begleiter während einer Pressekonferenz, die von einem anderen separatistischen Kanal namens ANNA News aufgezeichnet und ausgestrahlt wurde.
Es geht aus dem Video nicht eindeutig hervor, ob Poretschenkow seine Schüsse auf ein konkretes Ziel abgab, dennoch führte das Video des Schauspielers, der einen Helm mit der Aufschrift “Presse” trug, weltweit bei Journalisten zu Empörung.
Der russische Journalistenverband und Dunja Mijatović, die Repräsentantin für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) veröffentlichten heute Erklärungen, in denen sie Poretschenkows Auftritt scharf verurteilten und eine öffentliche Entschuldigung forderten. Wir unterstützen sie, und hier ist der Grund dafür:
Die Vorschriften der Genfer Konvention zum Schutz von Journalisten in Kriegszeiten kennzeichnen Journalisten als Zivilpersonen und fordern von allen Konfliktparteien, ihren Schutz zu garantieren. Aber damit diese Sicherheit gewährleistet werden, dürfen die Grenzen, wer ein Journalist ist und wer nicht, nicht unscharf werden.
Am kommenden Sonntag – dem 2. November – wird der erste von den Vereinten Nationen unterstützte “Internationale Tag zur Beendigung der Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Journalisten” begangen. Anlässlich dieses Tages hat das Committee to Protect Journalists seinen Bericht “The Road to Justice” veröffentlicht. Der Bericht stellt fest, dass Konfliktsituationen häufig der Hintergrund für einige der eklatantesten Fälle von Straflosigkeit sind und dass Journalisten in einer solchen Umgebung immensen Risiken ausgesetzt sind. In diesem Jahr sind bereits sechs Journalisten und Medienschaffende – fünf Russen und ein Italiener – zu Tode gekommen, während sie über den Konflikt im Osten der Ukraine berichteten.
Poretschenkow hat behauptet, dass sein Frontbesuch gestellt gewesen sei und dass er mit Platzpatronen geschossen habe – was sowohl die Separatisten als auch Militärexperten bestreiten. Er behauptete auch, ihm sei nicht bewusst gewesen, welche Schutzausrüstung er benutzt hatte.
Das Pressekorps war über den Vorfall empört, und Mijatović sagte, Poretschenkow habe durch die Aufschrift “Presse” auf seiner Kleidung und das Abfeuern einer Waffe Journalisten in Konfliktgebieten in große Gefahr gebracht.
Während es nicht auszuschließen ist, dass dem Schauspieler nicht bewusst gewesen war, wie sein Handeln interpretiert werden würde, stimmen wir mit Pavel Gusew, dem Chefredakteur der Moskauer Zeitung Moskowski Komsomolez überein, der in einem heutigen Interview sagte, dass Poretschenkow kein Recht hatte, sich als Reporter zu verkleiden und mit einer automatischen Waffe zu schießen. Wie Mijatović sagte:.. “Das ist eine bedauerlicher und beschämender Missbrauch von Presseinsignien. Er bringt Journalisten in Konfliktgebieten in große Gefahr, und es schadet allen Anstrengungen, Medienmitarbeiter zu schützen Die Sicherheit von Journalisten ist von größter Bedeutung, und Presseinsignien sind eine der wenigen Maßnahmen, die sie ergreifen können, um ihre Sicherheit in Konfliktgebieten zu gewährleisten.”
Poretschenkow sollte sich öffentlich entschuldigen, vor allem bei den Familien jener Journalisten und Medienschaffenden, die während des Konflikts gestorben sind. Und bei denjenigen, die weiterhin ihr Leben riskieren, um Informationen aus dem Osten der Ukraine und anderen gefährlichen Gebieten an die Öffentlichkeit zu bringen.
Autor: Muzaffar Suleymanov
Quelle: Committee to Protect Journalists 31. Oktober 2014
Übersetzung: Euromaidan Press auf Deutsch