von: Sergej Leschenko, Blog der Ukrainischen Prawda
5. September 2014
Übersetzt aus dem Englischen von Dagmar Schatz für Euromaidan Press auf Deutsch
[Anm. d. Übers.: Der Artikel wurde unmittelbar nach den Minsker Verhandlungen veröffentlicht, als der Wortlaut des Vertrags noch nicht bekannt war. Die in dem Artikel beschriebenen Vermutungen haben sich aber zu großen Teilen als richtig herausgestellt.]
Der Autor, Sergej Leschenko, ein Redaktionsmitglied der Ukrainischen Prawda, schreibt:
„Nach wenigen Stunden kann man die Bedingungen nicht kennen, unter denen Russland und die Ukraine die Militanten dazu gebracht haben, dem Waffenstillstand zuzustimmen.
Quellen, die dem Verhandlungsteam in Minsk nahestehen, haben mir über die Details berichtet – das Dokument ist noch nicht freigegeben.
Um ehrlich zu sein: ich habe all das nirgendwo sonst gefunden.
Erstens: Im Eingangskapitel soll stehen, dass das Protokoll auf dem Friedensplan von Poroschenko basiert und die Initiative von Präsident Putin miteinbezieht. Es war die Bedingung der Rebellen, daß der Name ihres Präsidenten im Titel erscheint.
Zweitens: die Parteien stimmen einem Waffenstillstand zu.
Drittens: die Parteien stimmen der Beobachtung und Verifizierung durch die OSZE zu, ob der Waffenstillstand eingehalten wird.
Viertens: Die Parteien stimmen zu, daß die Grenze ebenfalls durch die OSZE beobachtet wird, damit weder Ausrüstung noch Manpower auf das Gebiet der Ukraine gelangt.
Fünftens: die Parteien stimmen der Freilassung der Geiseln und einer Amnestie zu.
Sechstens: die Parteien stimmen einem sogenannten „inklusivem Dialog“ zu – das bedeutet, daß der Dialog alle Konfliktparteien umfasst.
Siebtens: die Parteien stimmen darin überein, illegale militärische Formationen zurückzuziehen.
Achtens: Es soll mit dem wirtschaftlichen Wiederaufbau des Donbas begonnen werden. Eingeschlossen – doch nicht im Vertrag vermerkt – ist die Abhaltung einer großen Geberkonferenz.
Meine Quellen sagen, das Dokument enthalte weder das Wort „Föderalisierung“, noch die Abkürzungen NPT (Non-Proliferation-Treaty) und FSC (Forum for Security Co-Operation der OSZE).
Meine Quellen wollten jedoch nicht kommentieren, ob die (Konflikt-)Gebiete weiterhin als Donezker und Luhansker Region innerhalb der Ukraine bezeichnet würden.
„Der Status dieser Gebiete mus weiter definiert werden“, sagt eine (weitere) Quelle, die nahe an den Verhandlungsführern von Minsk ist. „Es wird von einem Sonderstatus für die Gebiete von Donezk und Luhansk gesprochen“ fügt meine Quelle hinzu.
Von allem, was ich gehört habe, ist das Dokument in weiten Teilen lediglich der Rahmen, und jedes Thema wird weiter mit Inhalten befüllt werden müssen, damit daraus eine separate „Road Map“ wird.
Was ich jedoch befüchte: dass dieses „große Vertragswerk“ die Re-Inkarnation des sogenannten „Kozak-Plans“ wird, den Russland seinerzeit Moldawien aufzwingen wollte, um die Situation in Transnistrien zu lösen, und der den russisch kontrollierten Separatisten das Recht gegeben hätte, jede Entscheidung der moldawischen Aussenpolitik durch ein Veto zu blockieren, die die Außenpolitik von Moldawien bestimmt.
Für Russland wäre es völlig logisch, zu erwarten, daß die Anforderungen an das Donbas einen Einfluss auf die Aussenpolitik der Ukraine hätte. Doch das ist für uns vollkommen unakzeptabel, denn es zementiert den Status dieses Gebiets als im Gefängnis Moskaus befindlich.”
Quelle: Ein Blog der Ukrainischen Prawda