von Paul Goble
Paul Goble ist ein langjähriger Spezialist für ethnische und religiöse Fragen in Eurasien. Er hatte Funktionen als Direktor für Recherche und Publikation an der Diplomatischen Akademie von Aserbaidschan, war Vizedekan für Sozial- und Geisteswissenschaften der Audentes-Universität in Tallin und das rangälteste Mitglied eines Forschungsteams am EuroCollege der Universität von Tartu/Estland.
Davor hat er in unterschiedlichen Funktionen im US State Department, der CIA, dem International Broadcasting Bureau, der Voice of America, Radio Free Europe/Radio Liberty und der Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden gearbeitet.
Die russischen Kräfte in der Ukraine sind weder „Kämpfer“ noch „Rebellen“, sondern Invasoren und Besatzer.
Seit Vladimir Putins Intervention in der Ukraine begann, haben die westlichen Medien sich damit schwergetan, die Kräfte zu benennen, auf die er sich verlässt. In viel zu vielen Fällen haben sie sinnfreie Euphemismen wie „kleine grüne Männer“ benutzt, oder Begriffe, die Moskaus Ansprüchen Legitimität verleihen wie „Kämpfer“ oder „Rebellen“ gegen Kiew.
Doch, seit es jeden Tag klarer wird, besonders, seitdem es so scheint, als würde Moskau eine Invasion in den Südosten der Ukraine – mit allem, was dazu gehört – vorbereiten, werden diese Kräfte öfter als bisher korrekt beschrieben: nicht als „Kämpfer“, oder „Rebellen“, sondern als Besatzer – Bürger eines fremden Staates, die versuchen, die Macht in einem Nachbarland zu ergreifen.
Wie immer mehr ukrainische und einige westliche Medien mittlerweile dokumentiert haben, ist eine immer größere Prozentzahl von Organisatoren und sogar Vollstreckern der sogenannten Donezker und Luhansker „Volksrepubliken“nicht Bürger der Ukraine, sondern Bürger der Russischen Föderation. Konsequenterweise sollte man sie deswegen auch nicht als „Rebellen“ beschreiben.
Die eindeutigste Darstellung dieses Sachverhalts hat Casey Michel in The Moscow Times gegeben. Sie schreibt: „Wenn die Vernichtung von MH17 wenigstens etwas positives bewirkt hat, dann sollte das die Erkenntnis sein, daß diese Männer weder „Ukrainer“ noch „Rebellen“ sind – es sind Ausländer und Usurpatoren, Männer, die entweder eine Söldner- oder eine imperialistische Motivation haben.“
Die, die dort involviert sind, sind keine ukrainischen Bürger, die sich gegen Kiews pro-europäische Wahl stellen. Sie schreibt: „Sie sind pro-Russisch und sie sind Separatisten.“ Doch sie sind keine Separatisten aus dem Landesinneren, sie kommen von ausserhalb: „Diese Männer sind Invasoren – und keine Ukrainer.“ Die, die da kämpften, seien „eine Sammlung von post-sowjetischen Staatsangehörigen.“
„Auch, wenn einige von ihnen zweifellos durch Söldnerambitionen motiviert sind, so sind viele Nicht-Ukrainer dort für mehr als nur Geld“, sagt sie. Ein armenischer Staatsbürger, der durch das Moskauer Büro der Separatisten rekrutiert worden war und mittlerweile die Reihen der Separatisten wieder verlassen hat, sagte, er habe „für die Sowjetunion gekämpft.“ Ein Staatsangehöriger von Turkmenistan, eingehüllt in Sowjetinsignien, wurde einige Tage später gefilmt und sagte genau dasselbe.
Für einen bestimmten Sektor der post-sowjetischen breiten Masse hat 1991 nie stattgefunden. Für diese Gruppe in ihrer Nostalgie für die Sowjetunion sind die Männer in der Ostukraine Rebellen und Freiheitskämpfer und keine russisch-geführten, russisch-unterstützten Marodeure, die der Westen und die ukrainische Regierung in ihnen sehen.
„Doch der Westen sollte ihnen nicht weiterhelfen, indem er sie als ‚ukrainische Rebellen‘ etikettiert“, so die in Bishkek lebende amerikanische Kommentatorin. „Nur eine Handvoll dieser Männer sind Ukrainer. Und zieht man ihre Söldner- oder imperialistischen Motive in Betracht, sind sie näher an dem, was man ,Invasoren‘ nennt, als am Begriff ,Rebellen‘.
Im Nachgang des Abschusses des malaysischen Flugzeugs, so argumentiert sie, „ist das mindeste, was wir tun können, sie beim Namen zu nennen.“
Deutsche Übersetzung von Dagmar Schatz
Das englische Original des Artikel: Words Matter: Russian Forces in Ukraine are not ‘militants’ or ‘rebels’ but ‘invaders’ and ‘occupiers’, 3. August 2014