Für seinen massiven Informationskrieg gegen die Euromaidan-Proteste und die daraus folgende Revolution, die zum Sturz des autoritären Regimes des pro-russischen Viktor Janukowitschs führte, mobilisierte der Kreml vermutlich alle seine Lobby-Netzwerke im Westen. Dabei zeigte sich, was Experten schon lange vermutet hatten, nämlich, dass die heutigen europäischen rechtsextremen Parteien und Organisationen die eifrigsten Anhänger der politischen Agenda Putins sind.
Die heutigen rechtsextremen Parteien und Organisationen sind die eifrigsten Anhänger der politischen Agenda Putins.
Mit Moskaus Geld geht alles.
Krim, der 16. März. Hier sind sie: die internationalen "Beobachter" des illegalen und illegitimen Referendums, das in der Autonomen Republik Krim abgehalten wurde, die von russischen kleinen grünen Männchen besetzt wurde. Die überwiegende Mehrheit der "Beobachter" sind Vertreter eines breiten Spektrums europäischer rechtsextremer Parteien und Organisationen: Österreichs Freiheitliche Partei (FPÖ) und Bündnis Zukunft, die belgische Vlaams Belang und Parti Communautaire National Européen, die bulgarische Ataka, die französische Front National, die ungarische Jobbik, die italienische Lega Nord und Fiamma Tricolore, die polnische Samoobrona, die serbische "Dveri"-Bewegung, die spanische Plataforma per Catalunya. Sie wurden vom Eurasischen Observatorium für Demokratie und Wahlen (EODE) eingeladen, um das "Referendum" zu legitimieren. Ein kluger Name für eine "internationale Nichtregierungsorganisation", die vom belgischen Neonazi Luc Michel gegründet wurde, einem treuen Anhänger des verurteilten belgischen Kollaborateurs und Neonazis Jean-François Thiriart. Von Michel als "politisch unabhängige Nichtregierungsorganisation" gegründet, verbirgt die EODE ihre antiwestliche Einstellung und Loyalität zu Putin nicht und ist immer bereit, um illegitimen politischen Entwicklungen einen Stempel der "Legitimität" zu verleihen, egal ob auf der Krim, in Transnistrien, Südossetien oder Abchasien. Mit Moskaus Geld geht alles. Trotzdem ist die EODE nur ein Tropfen im Ozean der umfassenden Zusammenarbeit zwischen dem Kreml und den europäischen Rechtsextremen. Marine Le Pen von der Front National besucht jetzt Moskau in scheinbar regelmäßigen Abständen: im August 2013 und April 2014 hatte sie Treffen mit Vize-Ministerpräsident Dmitri Rogosin und dem Sprecher des russischen Parlaments Sergey Naryschkin. Le Pens Berater für geopolitische Angelegenheiten, Aymeric Chauprade nahm als "Experte" an einer Sitzung des Ausschusses für Familie, Frauen und Kinder im russischen Parlament teil, um die Gesetze zum Verbot der Adoption russischer Waisenkinder durch LGBT-Paare zu unterstützen. Mehrere ehemalige Mitglieder der Front National betreiben ProRussia.TV, eine Erweiterung der internationalen PR-Instrumente des Kremls, wie Russia Today und der Stimme Russlands.
Rechtsextreme europäische Perspektiven
Zu allererst respektieren die europäischen rechtsextremen Parteien und Organisationen den Kreml für seine Kraft und Vitalität. Der berüchtigte norwegische Massenmörder und Terrorist Anders Breivik nannte Putin in seinem Manifest einen "fairen und entschlossenen Führer", der Respekt verdient. Die italienische rechtsextreme Partei Forza Nuova begrüßt Putins Russland als "neues Leuchtfeuer der Zivilisation, der Identität und des Muts für andere europäische Völker." Andreas Mölzer von der FPÖ lobt Putin als Held, "der es geschafft hat, das postkommunistische, krisengeschüttelte Russland in ruhiges Fahrwasser zu lenken." Für die europäischen Rechtsextremen ist Putin ein mächtiger Anführer, der den politischen Status quo des Westens und die globale Rolle der USA in Frage gestellt hat, die die europäischen Rechtsextremen offen verabscheuen. Die angebliche anti-globalistische Agenda des Kreml - die in Wirklichkeit ein verdeckter Versuch Russlands ist, die Rolle der globalen Supermacht selbst einzunehmen und abzusichern - ist für die europäischen Linksradikalen ebenfalls attraktiv, besonders in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Portugal und der Tschechischen Republik.Der berüchtigte norwegische Massenmörder und Terrorist Anders Breivik nannte Putin einen "fairen und entschlossenen Führer, der Respekt verdient"

Der geschwächte Mechanismus der globalen Sicherheit kann als Vorwand zur Durchsetzung einer Anti-Einwanderungs-Agenda dienen.Eine weitere populäre Idee der europäischen Rechtsextremen ist die "Europäische Neutralität", welche in nationalem Isolationismus mündet, der letztlich nur die logische Konsequenz einer ins Extreme übersteigerten Idee der Selbstbestimmung ist. Sie dient als ein euphemistisches Argument für die "Festung Europa" und rechtfertigt die Nichteinmischung in internationalen Angelegenheiten außerhalb Europas. Moskaus schlauer Trick, der verhinderte, dass das US-Militär Baschar al-Assads mörderisches Regime zerstörte, wurde vom gesamten Spektrum der extremen Rechten gefeiert. Den Westen daran zu hindern, brutalste Regime zu stoppen, wird als Förderung von Multipolarität verkauft, aber diese Multipolarität ist eine Farce: ihr einziges Ziel ist es, die Demokratie weltweit zu untergraben. In Putins Russland sehen europäische Rechtsextremisten eine Kraft, die die demokratische Entwicklung in der Welt tatsächlich behindern kann. Weniger globale Demokratie bedeutet weniger globale Sicherheit, und geschwächte Mechanismen der globalen Sicherheit können als Vorwand zur Durchsetzung der Anti-Einwanderungs-Agenda dienen. Russlands autoritärer Konservatismus wirkt als zusätzliche Anziehungskraft auf die europäischen Rechtesextremen, die Russland als ein Land betrachten, in dem "traditionelle", "familienorientierte" und "christliche Werte" gesiegt haben. Für Jobbiks Vona ist Russland "ein besseres Europa", weil es "seine Traditionen bewahrt und nicht der Kultur des Geldes und der Massen folgt". Insbesondere Russlands Anti-Homosexuellen-Gesetze, waren ein Hit bei den europäischen Ultranationalisten, vor allem in Frankreich und in Italien, wo die Rechtsaußen-Partei Fronte Nazionale ihre Unterstützung für Putins "mutige Position gegen die mächtige Homosexuellen-Lobby" durch Dutzende von Plakaten in Rom ausdrückte (wie auch ihre anti-EU und pro-Assad Ansichten).

Kreml-Perspektiven
Putins Russland ist ein extrem rechtes politisches System, das durch Autoritarismus, Nationalismus und Populismus gekennzeichnet ist - all diese Eigenschaften sind untrennbar mit der europäischen extremen Rechten verbunden, so dass die Zusammenarbeit zwischen ihnen wie ein natürlicher Prozess erscheint. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den europäischen Rechtsaußen-Parteien - sie sind in ihrer Radikalität und ihren Positionen zu bestimmten Themen zu unterscheiden. Die Front National mag unter Umständen bereit sein, mit der Partij voor de Vrijheid oder der FPÖ zusammenzuarbeiten, aber nicht mit Jobbik oder Ataka. Selbst innerhalb eines nationalen Kontextes können rechtsextreme Parteien unfreundlich zueinander sein, so ist es zum Beispiel schwer, sich vorzustellen, dass es zwischen Italiens Fiamma Tricolore und Forza Nuova eine fruchtbare Zusammenarbeit geben kann. Allerdings ist Putins Rechtsaußen-Regierung bestrebt, mit allen europäischen ultranationalistischen Parteien zusammenzuarbeiten, es sei denn diese sind aus historischen oder anderen Gründen Russland-kritisch. Also ist die ideologische Affinität zwischen Putins Regime und den europäischen rechtsextremen Parteien ein Grund für ihre Zusammenarbeit.
Auch international unterstützten rechtsextreme Politiker Putins Handeln immer in höchstem Maße. Wer lobte Putins Russland - nachdem in Russland 2011 unfaire Parlamentswahlen "beobachtet" wurden - für sein "robustes, transparentes und demokratisches System?" Nick Griffin, Abgeordneter des Europaparlaments und Vorsitzender der rechtsextremen British National Party. In diesem Sinne ist die europäische Rechte der sprechende Zauberspiegel aus dem Märchen Schneewittchen der Brüder Grimm, immer bereit, die Fairness der bösen Königin zu bestätigen.Putins rechtes Regime ist bestrebt, mit allen europäischen ultranationalistischen Parteien zusammenarbeiten, solange diese nicht Russland-kritisch sind

Im europäischen Kontext verwendet Putins Russland die extreme Rechte auch als Werkzeug, um die politischen Institutionen der EU zu unterhöhlen und zu schwächen. Stärkere EU-Institutionen halten den gen Westen gerichteten korrumpierenden Fortschritt des Kremls auf, was Wirtschaft, Politik und internationale Beziehungen angeht. Der starke demokratische Westen ist das einzige Hindernis für Putin, um Russland zu der globalen Supermacht zu machen. Da Russland nicht in der Lage ist, den Westen im offenen und ehrlichen Wettbewerb für sich zu gewinnen, also durch Wirtschaft, Technik, Kultur, Humankapital usw., kann es nur Supermacht werden, in dem es andere Akteure schwächt. Konsolidierte Demokratie und gute Regierungsführung, welche als wesentliche Voraussetzung für den westlichen wirtschaftlichen Wohlstand gelten, sind daher eines der ersten Ziele für das "RF-System". Die von Natur aus antidemokratische extreme Rechte (und Linke) sind daher natürliche Verbündete von Putin in seinem anti-demokratischen Kreuzzug gegen die EU. Zwar gibt es keinen Grund, die Mainstream-Parteien der EU zu idealisieren, aber sie sind weniger anfällig für Korruption als die extreme Rechte, oder - wenn man sich den ehemaligen deutschen Bundeskanzler, den Sozialdemokraten Gerhard Schröder ansieht, der jetzt Vorsitzende des Vorstandes der Nord Stream AG und Top-Lobbyist des Kreml ist - so kann es einfach billiger sein, die extreme Rechte zu korrumpieren.Es gibt zwei Autoritäten in Putins Russland ... der eigentliche, sichtbare Zustand... mit ineffizienten Institutionen... und ein paralleler Staat, das 'RF-System'
Gas-Politik
Da Öl-und Gaseinnahmen mehr als 50% des russischen Bundeshaushalts ausmachen, muss der Kreml seine Position als einer der Hauptlieferanten von Gas in die EU sichern. Die Karte von South Stream, einer geplanten Gas-Pipeline, die russisches Gas in die EU transportieren soll - wobei die Ukraine bewusst umgangen wird - zeigt, dass jedes Land auf der Strecke entweder eine pro-russische Regierung oder eine im Parlament vertretene rechtsextreme Partei besitzt, die offen den Kreml unterstützt: Bulgarien (pro-russische Regierung, Ataka), Serbien (pro-russische Regierung), Ungarn (Jobbik), Österreich (FPÖ, BZÖ), Griechenland (Goldene Morgenröte), Italien (Lega Nord). Die einzige Ausnahme ist Slowenien, wo die Rechtsaußen-Partei Slovenska Nacionalna Stranka unbedeutend, und das aktuelle politische Establishment demokratisch und pro-EU eingestellt ist. Angesichts der Zusammenarbeit zwischen dem Kreml und der europäischen extremen Rechten, ist es kein Wunder, dass zum Beispiel Jobbik die South-Stream-Pipeline Nabucco vorzieht, einer anderen geplanten Gaspipeline, deren Ziel es ist, die Abhängigkeit der EU von russischer Energie zu verringern.
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Über den Autor Anton Shekhovtsov ist Doktorand an der UCL School of Slavonic und East European Studies und Fellow der Forschungsgruppe für Europäischen Radikalismus und Neue Medien. Er ist auch Herausgeber der Buchreihe "Explorations of the Far Right" im ibidem-Verlag.