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Kann der Lemberger Bürgermeister die ukrainische Politik ein für allemal verändern?

von Halyna Tereshchuk – RFE/RL – 31. Oktober 2014 – Video-Interview

Andrij Sadowyj wirkt wie ein Mann, der nichts zu verbergen hat.

Als der Bürgermeister von Lwiw (Lemberg) Im Jahr 2013 ein neues Hause für seine Familie kaufte, lud er Journalisten für eine Besichtigung in das Haus ein. Und jetzt, wenn seine noch junge Partei sich darauf vorbereitet, die notorisch skrupellose Welt der parlamentarischen Politik zu betreten, sagt “Sadowyj je mehr mehr Kontrolle, desto besser”.

“Jede Person an der Macht muss unter strenger Aufsicht gehalten werden,” sagt der 46-jährige Bürgermeister, dessen junge Partei, Samopomitsch (“Selbsthilfe”) aus der relativen Unbekanntheit heraus einen erstaunlichen dritten Platz bei den ukrainischen Parlamentswahlen am 26. Oktober erreicht hat.

“Die einzigen Heiligen sind im Himmel,” fügt er hinzu. “Hier unten gibt es eine Vielzahl von Menschen, und einige sind anfällig für Provokationen. Wir wollen ein Beispiel für andere Parteien setzen.”

Sadowyj hat gewissermaßen bereits ein taktischen Beispiel gesetzt, wie man in den Monaten nach dem Euromaidan und dem Sturz von Präsident Wiktor Janukowytsch der öffentlichen Frustration mit einer Politik-as-usual entgegenwirken kann.

Samopomitsch ist die einzige Partei, die erfahrene Politiker und Unternehmer völlig aus seiner Kandidatenliste ausgeschlossen hatte, sie bekam 11 % der Stimmen, nur hinter dem Block des Präsidenten Petro Poroschenko und Ministerpräsident Arsenij Jazenjuks Narodnij Front (“Volksfront”), die 21,8 % bzw. 22,2 % erhielten.

Die Partei hatte einen besonders großen Erfolg in Sadowyjs Heimatstadt Lwiw sowie in der Hauptstadt Kyiw, in beiden ist eine politisch energiegeladene Wählerschaft vorhanden, die sich vom jugendlichen Profil von Samopomitsch angezogen fühlte.

Graue Haare sind selten bei Samopomitsch, die abzielt auf die größer werdende Wählerschaft aus den bürgerschaflichen Organisationen, auf Journalisten und mittelständische Unternehmer. Zu den bekanntesten Mitgliedern gehören die 32-jährige Aktivistin Hanna Hopko, die 2012 das öffentliche Rauchverbot in der Ukraine durchgesetzt hatte, und Jehor Sobolew, 37, ein Euromaidan-Kommandant und Vorsitzender des Lustrationsausschusses des Landes.

Sadowyj, mit nur leicht schütterem blondem Haar, beschreibt seine Partei und ihre Anhänger als die besten und hellsten der Ukraine – und auf Reformen bestehend.

“Diese 11 Prozent, die bei den Wahlen für Samopomotsch stimmten, sind die aktivsten Menschen im Land,” sagt er. “Das sind Menschen, die ihr eigenes Leben im Griff haben, die wollen, dass ihr Land erfolgreich ist, und die bereit sind, so viel wie möglich dazu beizutragen. Das ist eine sehr große Kraft.”

Sadowyj, der seit mehr als acht Jahren Bürgermeister der westlichsten ukrainischen Großstadt ist, hält die Dezentralisierung für eine der wichtigsten Prioritäten des Landes, in dem eine kopflastige föderale Struktur fast alle Entscheidungen über ​​Ressourcen aus den verarmten Kommunalveraltungen herausgesaugt hat.

“Was wir haben, ist ein geplündertes Land,” sagt Sadowyj, der auch Vizepräsident des Verbandes der Städte und Gemeinden der Ukraine ist. “Viele Städte haben katastrophale Probleme mit ihrer Verwaltung. Andere haben überhaupt keine Verwaltung – nur kriminelle Elemente”.

Unter anderem hofft Sadowyj auf eine Reform, die die offizielle Anzahl der Kommunen drastisch reduzieren wird, wobei diejenigen, die bestehen bleiben, mit realen Machtmitteln ausgestattet werden sollten. “In Lwiw gibt es 90 Stadratsmitglieder”, sagt er mit einem Anflug von Müdigkeit. “Dreißig würde ausreichen. Und das sollten die besten 30 Menschen in der Stadt zu sein.”

Einige Beobachter spekulieren darüber, dass es schwierig für Samopomitsch werden könnte, seine etwas pingelig erscheinende Agenda zu einer Zeit durchzusetzen, in der Bedenken wegen des Kriegs die politische Debatte dominieren.

Sadowyj war einer der ersten, der das Potenzial für Wählerstimmen auch bei den kämpfenden Truppen des Landes gesehen hat – Semjon Sementschenko, der Kommandeur des Freiwilligen-Bataillons Donbas, ist die Nummer 2 auf seiner Parteiliste. Aber sein Algorithmus zur Beendigung des Konflikts strukturiert sich weitgehend um langfristige angelegte Reformen anstatt auf kurzfristige Taktik. “Russland spricht nur die Sprache der Stärke,” sagt er. “Wir müssen deshalb stark werden.”

Ungewöhnlich für einen Parteichef, wird Sadowyj nicht ins Parlament einziehen sondern beabsichtigt, statt dessen auf seinem Bürgermeisterposten bleiben. Lwiw, wohl die schönste Stadt der Ukraine, ist auch eine der finanziell stabilsten Städte, hier gibt es mehr europäische Darlehensverträge als im östlicher gelegenen Kyiw.

Einige glauben gar, dass Sadowyj – der Gerüchten zufolge die Unterstützung des Dnipropetrowsker Gouverneurs und Oligarchen Ihor Kolomojskyj genießen soll – Ambitionen auf das Präsidentenamt hat und seine gut geführte galizische Stadt als besseres Sprungbrett nutzen möchte, besser jedenfalls als die etwas chaotischen Gefilde der Hauptstadt.

Sadowyj bestreitet jegliche Präsidentschafts-Ambitionen oder Verbindungen zu Kolomojskyj. “Er kam im letzten Jahr hierher, und wir sprachen über Fußball,” sagt er. “Ich bin ihm seit über einem Jahr nicht mehr begegnet.”

Rafal Sadowski, ein ukrainischer Analyst beim Warschauer Zentrum für Oststudien, meint, dass all diese Fragen irrelevant sind, wenn Samopomitsch in die Koalitionsverhandlungen mit fünf Parteien eintritt und die scharfen Ellbogen der parlamentarischen Politik verspürt.

“Es ist zu früh, um diese Gerüchte über Verbindungen zwischen Sadowyj und Kolomojskyj und über die Finanzierung und Unterstützung der Samopomitsch-Partei zu beurteilen,” sagt Sadowski. “Die andere Frage ist jetzt, nachdem diese Partei möglicherweise ein Mitglied der Koalition wird und damit in der nationalen Politik agiert, ob Sadowyj der Hauptentscheidungsträger sein wird – oder jemand anderes.”

Autoren: Daisy Sindelar und Halyna Tereschtschuk

Quelle: RFE/RL

Übersetzung: Übersetzerteam Euromaidan Press auf Deutsch

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