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Erklärung der linksradikalen Autonomen Arbeitergewerkschaft Kyiw: Gegen das Regime in Kyiw und die Junta im Osten!

vyshyvankaErklärung der linksradikalen Autonomen Arbeitergewerkschaft Kyiw vom 14.5.2014
(Übersetzung aus dem Englischen)

Es besteht eine ständige Konfrontation auf dem Territorium der Ukraine zwischen Gruppen der lokalen und der russischen herrschende Klasse, welche die arbeitenden Menschen gegeneinander ausspielen und Feindschaft schüren, und das Land näher an den Bürgerkrieg treiben. Die Ereignisse in Mariupol sind die Verkörperung dieser Konfrontation. Viele Menschen, die Kämpfer und Zivilisten, Berufssoldaten, Wehrpflichtige sowie Freiwillige haben auf beiden Seiten des Konflikts als Folge der “Anti-Terror-Operation” gelitten.

Dies ist eine kritische Situation für die arbeitenden Menschen. Die Regierung behandelt alle Anti-Maidan-Demonstranten gleichermaßen: Soldaten verstehen nicht, auf wen sie schießen, und diejenigen, auf die geschossen wird, verstehen nicht, für was sie sterben. Beide Seiten des Konflikts manipulieren ihr “Fußvolk” mit einem besonderen Zynismus, und aus diesem Grund kämpfen die Arbeiter für Ideen, die nichts gemein haben mit ihren materiellen Interessen oder den Interessen ihrer Klasse. Ukrainische Militäreinheiten und andere bewaffnete Gruppen kämpfen um sinnlose Ideale eines nationalen Patriotismus und die “Einheit der Nation”, während die Separatisten für die Schaffung eines neuen Staates und / oder der Teilnahme an Russland kämpfen. In allen Fällen ist das Ziel der Bourgeoisie der Nationalstaat mit seinen Bürokraten, Polizisten, Richter, Gefängnisse, Kapitalisten und Armen.

Auch jetzt gibt es bereits Dutzende von Opfern und Todesfälle als Folge des Kampfes zwischen diesen beiden reaktionären Bewegungen. Inkompetenz der Armee auf der einen Seite, und Verdorbenheit der Kämpfer auf der anderen Seite erhöhen die Verluste deutlich.
Die höchsten Reihen der Anti-Maidan-Bewegung bestehen in der Regel aus ex-Militärs, sowie hochrangigen Polizeibeamten, die loyal zu dem früheren Regime sind. Daher kann die Führung der “Volksrepubliken” in den östlichen Regionen der Ukraine in der Tat als eine Junta eingestuft werden – eine Diktatur der Polizei- und der Streitkräfte.
Faschistische Gruppen und Kriminelle in dieser Bewegung machen den Gesamtcharakter der Junta zutiefst reaktionär und radikal gegenüber den Klasseninteressen der arbeitenden Menschen in den östlichen Regionen.

Die pro-russische Propaganda zeigt die separatistischen Kämpfer als Kämpfer des antifaschistischen Widerstands. Nach dieser Propaganda ist die “Anti-Terror-Operation” der ukrainischen Regierung nichts anderes als der Angriff der ukrainischen Faschisten vom “Rechten Sektor”, deren Rolle bei diesen und vielen anderen Veranstaltungen verstörend aufgeblasen wurde.

Der “Rechte Sektor” ist eine schlecht koordinierte Koalition mehrerer rechter Organisationen. Die Sozialstruktur besteht aus extrem rechtsgerichteter Jugend und kriminellen Gruppen. Die soziale Struktur der Kämpfer der “Volksrepubliken”  ist ziemlich ähnlich: Jugendliche, Gangster und deklassierte Elemente. Die Attraktivität des “Rechten Sektors” ist inzwischen sehr gering (noch niedriger als die der völlig diskreditierten Kommunistischen Partei der Ukraine); darüber hinaus befindet sich der “Rechte Sektor” in einem Untergrundkrieg mit der ukrainischen Regierung.

Aufgrund der konstanten PR der pseudo-antifaschistischen internationalen Gemeinschaft, hat der “Rechte Sektor” das schreckliche Bild einer mächtigen Organisation erhalten, die fast den ukrainischen Staat regiert, das ist natürlich nicht wahr. Aber wir versuchen nicht, das Problem der faschistischen Bewegungen in der Ukraine kleinzureden. Die AAG hat die Eskalation der Gewalt der Extremen Rechten immer wieder thematisiert, insbesondere die Gewalt gegenüber Linken, schon 2012, während der Zeit des Janukowitsch-Regimes. AAG-Aktivisten wurden ebenfalls angegriffen. Einer unserer Mitstreiter wurde fast von den Neonazis, die ihn mit Messern angegriffen hatten, getötet. Außerdem musste der Ort der diesjährigen Maiparade aufgrund der Gefahr von Zusammenstößen mit der Extremen Rechten umgelegt werden.

Lange Zeit war der Widerstand gegen die faschistischen Bewegungen eine der Hauptaufgaben der anarchistischen Bewegung in der Ukraine. Im Gegensatz zu vielen post-stalinistischen “Antifaschisten” in den westlichen Ländern kennen wir dieses Problem aus erster Hand und nicht aus dem Internet. Und doch, haben wir und unsere Genossen es geschafft, am 1. Mai anarchistische Umzüge mit einer sozialen, antikapitalistischen und antinationalen Agenda in Kiew, Kharkiv und Zhitomir zu organisieren.

Die Anarchisten haben nicht vor, vor den Nazis und der rechtsliberalen Regierung zurückzuweichen. Es war die AAG, die eine linksradikale Protestkampagne gegen die regierende Partei “Bat’kivshyna” [Julia Tymoschenkos Partei – der Übersetzer] organisierte. Wir sind bereit, den Kampf gegen den Staat, das Kapital und die extreme Rechte, die beides beschützt, fortzusetzen. Aber dieser Kampf ist hundertmal schwieriger, wenn der Staat, die Kirche, die Polizeistrukturen und faschistischen Bewegungen in einer Kraft vereint werden.

Das ist die Situation im Donbas, wo die “Armee der Donetsker Volksrepublik” von Igor Strelkov geführt wird, einem russischen Undercover-Mann und einem großen Fan der historischen weißen Zarengarde; wo der Veranstalter der Volksabstimmung, der Gründer der “Orthodoxer Donbas”-Bewegung, sich mit dem Führer der ältesten post-sowjetischen Neo-Nazi-Bewegung, dem legendären Aleksandr Barkashov berät; wo Aktivisten des Anti-Maidan ihre Solidarität und Respekt gegenüber einem anderen Symbol der europäischen Faschisten ausdrücken – Aleksandr Dugin; wo der Ko-Vorsitzende der “Donetsker Volksrepublik” Denis Pushilin offen die Revolution von 1917 bedauert, die dem Zarismus ein Ende setzte, und diese eine “blutige Katastrophe” nennt.

Soziale Parolen passten nicht in die Manifeste und offiziellen Dokumente der Separatisten, während es viele Sätze über den “Klassenfrieden” und die Interessen der “kleinen Unternehmen” gibt. Die kriminelle und faschistische Junta im Osten organisiert Folterungen und Entführungen von Gewerkschaftsaktivisten.

Der Nationalismus ist der Todfeind der arbeitenden Menschen. Dies wird durch die aktuellen Ereignisse in der Ukraine bewiesen, bei denen Faschisten auf beiden Seiten der herrschenden Klasse helfen, die arbeitenden Menschen physisch zu bekämpfen. Die Frage ist, wie viele Opfer und Zerstörungen noch erforderlich sind, bevor das ukrainische Proletariat das versteht.

Wir fordern von der Kyiwer Regierung, ihre Truppen aus den Städten zu entfernen und von der Junta im Osten, sofort den Terror gegenüber friedlichen Arbeitern einzustellen. Unser eigenes Ziel ist es, den Widerstand an allen Fronten aufrechtzuerhalten, und die revolutionäre Arbeiterbewegung aller Widrigkeiten zum Trotz aufzubauen.

Wir appellieren an unsere ukrainischen Arbeitergenossen, sich hinter unsere gemeinsamen Klasseninteressen zu stellen, zu denen Frieden und Solidarität gehören, aber nicht der sinnlose Kampf für den Verbleib von Gebieten oder deren Abtrennung. Der Klassenkampf hat nichts mit dem Kampf für die Umverteilung von Macht zu tun. Wer auch immer in der Konfrontation zwischen der Regierung und Separatisten gewinnt – wir werden verlieren, deshalb ist der Boykott unsere Priorität. Wir ignorieren die Entscheidungen der Regierung, wir verzichten auf Militarismus, wir organisieren Streiks und den Aufbau der revolutionären Arbeiterbewegung – das sind unsere Waffen gegen den Krieg, den man uns aufzwingt. Wir können nur auf uns selbst und die internationale Solidarität anderer linksradikaler Organisationen zählen. Wenn wir jetzt nicht aufstehen, dann werden schwierige Zeiten auf uns zukommen.

Keine Götter, keine Herren, keine Nationen, keine Grenzen!

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!

Autonome Arbeitergewerkschaft Kyiw, 14.5.2014

Quelle: http://avtonomia.net/2014/05/14/regime-kyiv-junta-east-awu-kyiv-statement-conflict-eastern-regions/

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