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Putins Aussagen im Fakten-Schnellcheck

Boris Reitschuster –
Putins Aussagen aus seiner Sprechstunde heute im Fakten-Schnellcheck:

– Russland hat nie eine Annexion oder militärische Aktionen auf der Krim geplant.

FAKTEN: So kurzfristig wäre so eine groß angelegte Truppen- und Sondereinsatzkommando-Aktion gar nicht möglich gewesen. Warum hat sich dann vom Parlament schon vorab ermächtigen lassen zu Militäraktionen?

– Er hat bis zum letzten Moment auf das Ergebnis des Referendums gewartet. Erst als er das vorlag, habe er sich entscheiden.

FAKTEN: Kann stimmen, wenn man davon ausgeht, dass er das Ergebnis schon Wochen vor der Abstimmung kannte. Andernfalls wäre der Anschluss kaum so schnell planbar gewesen, insbesondere vorhergehende Duma- und Föderationsrats-Entscheidungen.

– Hinter den Rücken der örtlichen Selbstverteidigung standen „unsere Soldaten.“

FAKTEN: Noch vor sechs Wochen hat Putin das vehement bestritten, sein Verteidigungsminister bezeichnete entsprechende Berichte als „völligen Unsinn“.

– Unsere Position ist absolut ehrlich und transparent.

FAKTEN: Siehe obige Falschaussage zu den Truppen auf der Krim.

– Zu uns Europäern : „Es ist schwer, mit Leuten zu reden, die sich sogar zuhause untereinander nur flüsternd unterhalten, weil sie fürchten, dass die Amerikaner sie abhören. Das ist nicht nur so dahingesagt. Das ist kein Witz! Nicht nur eine Redenswendung! Hören Sie mir zu, ich sage Ihnen das ganz ernst, das ist kein Witz!“

FAKTEN: Jeder kann selbst beurteilen, ob er Zuhause aus Angst, von den USA abgehört zu werden, nur flüsternd spricht. Auf meine Moskauer Wohnung trift Putins Aussage dagegen zu.

– Die Sanktionen sind Menschenrechtsverletzung! Die Frau des Putin-Freunds und Oligarchen Timtschenko konnte nicht für ihre Operation bezahlen, weil ihre Kreditkarte gesperrt war.

FAKTEN: Hier wäre die Frage, warum sich Timtschenkos Frau nicht in einer russischen Staatsklinik operieren ließ, wo den Gesetzen entsprechend der Eingriff kostenlos erfolgen sollte. Die Antwort: Weil diese Möglichkeit nur auf dem Papier besteht und die Standard-Medizin in Russland völlig überfordert ist, teilweise lehnt der Notruf das Senden von Krankenwagen ab, wenn der Anrufer ein gewisses Alter überschritten hat.

– Auf die Frage, was passiert, wenn der Westen das russische Gas nicht mehr kauft, antwortete Putin sehr ausweichend und meinte schließlich, das sei sehr unwahrscheinlich.

FAKTEN: Hier hat er recht.

– Er habe die Krim nicht mit Gewalt an Russland angeschlossen.

FAKTEN: Gleichzeitig gibt er den Einsatz von Spezialeinheiten zu.

– Charkiw, Donezk und andere Städte seien zur Zarenzeit russisch gewesen. Warum die Bolschewiki sie der Ukraine zugeschrieben haben weiß Gott.

FAKTEN: Die geschichtliche Zugehörigkeit wechselte, und man könnte hier ganze Aufsätze schreiben. Welcher Zeitpunkt ist maßgeblich? Nach dieser Logik könnte Russland auch Ansprüche auf Warschau und sehr viele andere Gebiete erheben, auch auf Alaska. Die ganze Friedensordnung Europas wäre hinfällig.

– Schaltung nach Sewastopol. Sprechchöre: “Danke! Danke! Danke!
FAKTEN: Bei vergangenen „Liveschaltungen“ stellte sich regelmäßig heraus, dass solche Szenen inszeniert waren und Kritiker ferngehalten wurden.

– Die Entsendung von Panzern in den Südosten der Ukraine sei ein Verbrechen, sagte der Kreml-Chef.

FAKTEN: Eine juristische Begründung für seine Aussage bringt Putin nicht. Fakt ist, das Putin selbst Truppen auf fremdem Territorium einsetzt(e) – für die Krim hat er das gerade zugegeben, was völkerrechtswidrig ist. Zudem setzte er in Tschetschenien im eigenen Land Panzer und Truppen ein, mit riesigen Opferzahlen; würde man hier seinen genannten Maßstab anlegen, wäre dies ein vielfaches Verbrechen.

– “Der Föderationsrat hat mir das Mandat für eine Entsendung von Truppen in die Ukraine gegeben. Ich hoffe sehr, dass ich nicht gezwungen sein werde, das zu tun”

FAKTEN: Was Putin wirklich hofft, weiß nur er.

– Massive Kritik äußerte Putin an der Nato-Osterweiterung. Er sagte, „uns“ sei versprochen worden, dass die NATO nicht nach Osten erweitert werde.

FAKTEN: Hierfür gibt es keinerlei aussagekräftige Belege. Zwischenstaatliche Zusagen dieser Art müssen aber schriftlich erfolgen und ratifiziert werden. Zu dem Zeitraum, auf den sich Putin bezieht, existierte noch der Warschauer Pakt, niemand konnte sich eine Ausweitung der NATO vorstellen. Außerdem ist das „uns“ vor „wurde versprochen“; falsch, denn es gab damals noch kein „Russland, nur die Sowjetunion. Drei von deren damaligen Unionsrepubliken wurden aber selbst auf eigenen Wunsch Mitglieder der NATO.

– Auf Frage von Snowden nach Überwachung sagte Putin, massenhaftes Abhören in Russland sei gesetzlich verboten, und nur mit Erlaubnis von Richtern möglich: “So etwas wie in den USA kann es bei uns nicht geben”.

FAKTEN: Alle Internet-Provider müssen dem FSB auf eigene Kosten einen direkten Zugang zum gesamten Datenverkehr rund um die Uhr ermöglichen. Regelmäßig landen Ton- und Videoaufzeichnungen von Oppositionellen im Internet, bis hin zu intimsten Szenen. Den FSB-Apparat vergrößerte Putin 2003 um das Vierfache – von 80000 auf 344000 Mitarbeiter. Im Juli 2004 unterschrieb er den »Erlass Nummer 870«. Weite Teile des Papiers blieben geheim. Auch die veröffentlichten Absätze zeigten, dass der FSB wieder ähnliche Vollmachten hat wie einst der KGB. Kontrollen des mächtigen Apparats sind nicht vorgesehen. Der FSB darf selbst Ermittlungen der Justiz kontrollieren.

Für weitere Anregungen danke ich, ggf. nehme ich sie gerne auf.

Fazit von Putins “direktem Draht”

Putin hat heute de facte der EU den Fehdehanschuh hingeworfen – er spricht sich für eine Rückkehr zur „Ebene der Nation“ und Abkehr vom europäischen Projekt aus und redet mit großem Verständnis, ja kaum verholener Sympathie vom Erfolg extremer Rechter. Damit ist quasi offiziell, was bisher schon offensichtlich war: Dass der Enkel von Stalins Koch politisch am äußeren rechten Rand beheimatet ist. Er nutzt bolschewistische Machtmethoden und Rhetorik für eine ultrakapitalistische Wirtschaftspolitik mit einer kleinen Macht-Clique als Nutznießer. Minderheitenfeindlichkeit, Missachtung für demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit, aggressiver Nationalismus, der Glaube an die Auserwähltheit der eigenen Nation, die feindliche Einstellung gegenüber anderen Ländern und Rassismus, „Sammeln von russischem Boden“, Militarismus, das Pochen auf starke Führung, der Einsatz von Gewalt in Innen- und Außenpolitik – all das sind Merkmale für eine Politik am äußeren rechten Rand des politischen Spektrums.

Außerdem gestand Putin heute offen ein, dass er versucht, auf die westlichen Regierungen Druck durch direkte Beeinflussung ihrer Wähler zu machen. Die Europäer trauten sich Zuhause nur noch zu flüstern, aus Angst, vor den USA abgehört zu werden. Entweder lügt er hier oder er hat eine verzerrte Wahrnehmung der Realität.

Hier die betreffenden Zitate Putins:

„Die heutige Welt, vor allem die westliche, ist sehr monopolisiert, viele westlichen Länder haben freiwillig einen bedeutenden Teil ihrer Souveränität aufgegeben. Es ist schwierig, geopolitische Fragen zu verhandeln. Weil es schwierig ist, mit Leuten zu verhandeln, die sogar Zuhause nur flüstern aus Angst, von den Amerikanern abgehört zu werden (etc., siehe oben). Aber ich wende mich gezielt an die Völker dieser Länder, vor allem, weil der einfache Mensch in Deutschland, Frankreich und Italien sofort Falschheit oder deren Fehlen spürt. Unsere Position ist absolut ehrlich und transparent, deshalb ist es einfacher, sie den einfachen Bürgern dieser Staaten klar zu machen, als einigen ihrer Politiker. Und ich denke, im bekannten Maße ist uns das gelungen. Egal, was eine Regierung für ein Land hat, sie müssen auf die Meinung der Wähler hören. Deshalb wende ich mich gezielt an die Menschen.“

„Bezüglich der Umorientierung in Sachen Werte in den Europäischen Ländern, denke ich, dass wir so einen Prozess beobachten. Die so genannten konservativen Werte haben heute einen anderen Klang. Der Sieg von Viktor Orban in Ungarn oder der Erfolg radikaler rechter Kräfte in den letzten Wahlen dort, der Erfolg von Marin Le Pen in Frankreich, das Wachsen solcher Tendenzen in anderen Ländern, sie sind offensichtlich, total offensichtlich. Das hat zu tun mit dem Streben nach mehr Souveränität, damit, dass die Menschen verstehen, dass auf Ebene der Nation einige Fragen, die lebenswichtig sind für die Bürger dieser Staaten, effektiver zu lösen sind als etwa auf Ebene von Brüssel.

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